Chromeo: Adult Contemporary

Das Album der Woche

Von Vitus Aumann

Die Kanadier beweisen, dass älter werden auch wunderbar grooven kann.

Das Leben ist einfach

Das Leben ist entspannt. Das Leben macht Freude! Und dann wird man alt und plötzlich ist alles einfach nur noch anstrengend.

Okay, das ist jetzt natürlich so ziemlich die dreisteste Verallgemeinerung des Jahrtausends. Natürlich läuft kein Leben wie das andere und wenn man älter ist, blendet man den Struggle von Früher halt gerne mal automatisch aus. Aber spätestens wenn mal so scheinbar sinnloser Erwachsenenpapierkram erledigt werden muss, vermisst man dann halt doch gerne mal die Tage, als man noch sorglos die Nächte durchtanzen konnte, ohne sich am nächsten Morgen mit gottlosen Kopfschmerzen rumschlagen zu müssen. Höchste Zeit, da mal ein bisschen dagegen zu arbeiten:

Chromeo wollen mit Adult Contemporary beweisen, dass man auch mit ordentlich vorhandener Lebenserfahrung noch lässig durch die Gegend grooven kann.

Chromeo: Adult Contemporary

Das Album der Woche

Fresh wie immer

Man hört es den beiden halt wirklich an kaum einer Stelle an, aber Dave 1 und P-Thugg haben eben auch schon ein paar Jährchen hinter sich. Adult Contemporary kommt ziemlich pünktlich zum 20-jährigen Bandjubiläum raus. Mit so einer langen Karriere gehen natürlich alle Bands auch entsprechend anders um. Da gibt es solche, die entwickeln sich derart weiter, dass man sie kaum noch wieder erkennen kann und bloß nicht nach den Hits von früher fragen sollte. Und dann gibt es Bands, die gefühlt jedes Mal wieder der glorreichen Zeit von damals nachjagen und jedes Mal dramatischer daran scheiten.

Chromeo schaffen es aber, magischerweise über keins der beiden Extreme zu stolpern: Adult Contemporary startet direkt ohne Aufwärmphase mit "(I Don't Need A) New Girl" und man merkt sofort, dass die Kanadier so gar nichts von ihrem Charme verloren haben. "Smalltown Boy"-Gedächtnis-Synthies treffen auf unverschämt funkigen Bass und verzerrte Gitarrenakzente. Nichts davon ist bahnbrechend neu, aber Chromeo treffen den Tanznerv halt sowas von genau. Und das auch noch verlässlich oft. "Words With You" zum Beispiel macht vor allem wegen den Bläsersätzen und Discostreichern verflucht viel Spaß. Und dass die Zusammenarbeit mit La Roux auf "Replacements" wahnsinnig gut funktioniert, überrascht wohl kaum jemanden.

Viel Variation gibt es zwar nicht im Sound, aber es ist eben schon auch beeindruckend, wie sehr Chromeo ihrer Erfolgsformel treu bleiben können, ohne in dröge Dimensionen abzudriften.

Mit Würde gealtert

Was das Ganze jetzt mit erzwungenem Erwachsenwerden zu tun hat? Vom Sound her bewegt sich Adult Contemporary ja doch eher auf jugendlichen Bahnen. Der große Charme der Platte kommt aber eben genau daher, dass die Texte in eine komplett andere Richtung gehen. Beispiel gefällig? Schon in der dritten Textzeile des Albums geht es dann tatsächlich um staubtrockene Anwaltsgebühren.
Chromeo haben nach über 20 Jahren im Geschäft jetzt eben auch andere Sorgen, als schnell ausbrennende Romanzen und abgefahrene Tanzmoves. Auf Adult Contemporary geht es um Erwachsenenprobleme. Die Songs drehen sich um langfristige Beziehungen, freie Abende auf der Couch und sogar definitiv unlustige Themen wie eine Scheidung vor Gericht.

Das zeigt, dass Adult Contemporary deutlich mehr ist, also nur der Versuchen alte glorreiche Zeiten anzuknüpfen - es ist der Beweis, dass man den jugendlichen Spaß zumindest Teilweise ins Erwachsenenalter transportieren kann.