Gerichtsprozesse, auf die die ganze Welt blickte

Gerichtsprozesse, auf die die ganze Welt blickte

Diese Gerichtsverfahren haben die Öffentlichkeit besonders bewegt

Von  Kristina Paulini
Es gibt immer wieder Prozesse, die ordentlich für mediale Aufmerksamkeit sorgen, aber bei diesen vier war sie definitiv besonders groß:


Golden Boy of Southafrica 

Er ist ein gefeierter Spitzensportler und der sogenannte "Golden Boy" von Südafrika: Oscar Pistorius. Der erste Sprinter, der es zu sechs Goldmedaillen bei den Paralympics bringt - und 2012 sogar bei den Olympischen Spielen in London startet. Bis eine Nacht alles verändert. Die Nacht zum 14. Februar 2013, als der damals 27-jährige Oscar seine Freundin Reeva Steenkamp erschoss. Doch wie kam es dazu? Eine Frage, die sich nicht nur das Gericht, sondern die ganze Welt stellte. Denn Pistorius beteuert seine Unschuld – laut seinen Aussagen, dachte er, seine Freundin läge im Bett, als er mitten in der Nacht Geräusche im Bad hörte und Einbrecher vermutete. Aus Angst feuerte er vier Schüsse ab. Auf Reeva, die sich nicht im Bett, sondern im Bad befand. 

Doch Reevas Mutter und viele andere waren von der Geschichte eines Unfalls nicht überzeugt. Nachbar*innen wollen sogar einen lautstarken Streit des Paares gehört haben. Bekannte beschrieben Pistorius als cholerischen Waffenfan und eine Exfreundin bestätigte seinen Kontrollzwang und eine krankhafte Eifersucht.

Also Mord, Totschlag oder fahrlässige Tötung? Eine schwierige Entscheidung für die Richter*innen, die sich lange zieht. Im November 2017 erhält Pistorius das endgültige Urteil: Knapp 14 Jahre wegen Totschlags. Der Medienrummel ist noch größer als zuvor. Und ganz unabhängig davon was wahr ist oder nicht: Eine Rückkehr zu den erfolgreichen Tagen des "Golden Boys Südafrikas" wird es sicher nicht geben. 

Die Falsche Farbwahl

"Ich malte Gemälde, die im Werk eines Künstlers eigentlich nicht hätten fehlen dürfen." Dieses Zitat stammt von dem größten und bekanntesten Kunstfälscher Deutschlands: Wolfgang Beltracchi. Die Geschichte um ihn und seine Frau Helene ist so spannend wie unglaublich und könnte auf jeden Fall Futter für einen Hollywoodblockbuster sein. Durch ihre ausgefuchsten Kunstfälschungen sollen sie zwischen 20 und 50 Millionen "erwirtschaftet" haben. Und das hätte auch noch jahrelang einfach so weitergehen können, wenn Beltracchi nicht einen Fehler begangen hätte. Und zwar bei dem längst verschollen geglaubten Gemälde "Rotes Bild mit Pferden" von Heinrich Campendonk, das "oh Wunder" Wolfang Beltracchi in die Hände fiel - eine Sensation. 

Das Bild wird für den Rekordpreis von 2,88 Millionen Euro versteigert, jedoch mit der Prämisse, es chemisch zu untersuchen. Und dabei wird Titanweiß nachgewiesen, eine Farbe, die 1920 noch nicht verwendet wurde.

2011 beginnt dann der 40-tägige Prozess, in dem es um 14 "Meisterwerke" der Moderne ging und den ganz Deutschland verfolgte. Das Urteil: Sechs Jahre. Bitterer Beigeschmack: Beltracchi selbst gibt an, "ziemlich genau 230" Werke gefälscht zu haben, die wohl immer noch in deutschen Museen oder in privaten Sammlungen bestaunt werden. Und was sagt Beltracchi dazu? O-Ton Beltracchi: "Ich habe ja keine Bilder gefälscht. Ich habe nur die Unterschriften gefälscht." Ja ok, na dann...
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  • Wolfgang Beltracchi
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  • Britney Spears
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She's so lucky

Wie meinst du, fühlt es sich an, sein ganzes Leben in der Öffentlichkeit zu stehen? Die Welt sieht dich aufwachsen und hat eine gewisse Vorstellung, wie du sein sollst. Süß, unschuldig, perfekt. Der totale American Dream halt. Für uns klingt das nach goldenem Käfig und verdammt ätzend. Kein Wunder, wenn dieses ferngesteuerte Leben irgendwann einmal zu einem Zusammenbruch führt. So wie bei Britney Spears, deren Zusammenbruch auch noch perverserweise gefilmt wurde. Mit dem Grund, dass Britney "eine Gefahr für sich und andere" sei, stellten ihre Eltern 2008 einen Eilantrag und entmündigten sie. Ihr Vater James wurde vom Gericht als Betreuer eingesetzt und verwaltete gemeinsam mit einem Anwalt treuhänderisch ihr Vermögen. Und Britney trat danach auch wieder auf, mehr Schatten ihrer selbst denn je.  

2019 kamen dann vermehrt Gerüchte auf, dass Britney gegen ihren Willen in einer psychiatrischen Anstalt festgehalten wird und zahlreiche Promis und Fans forderten die Beendigung der Vormundschaft. Sie selbst plädierte 2021 persönlich für das Ende der Vormundschaft. Sie dürfe nicht über ihre Verhütung bestimmen, sei gezwungen worden, Medikamente zu nehmen und Konzerte zu geben. Diese Informationen verbreiteten sich wie ein Lauffeuer und der Prozess war in aller Munde. Fünf Monate später folgte dann das langersehnte Urteil: die gesamte Vormundschaft wurde aufgehoben und nicht nur Britney, sondern auch alle ihre Fans feierten ihren Schritt in die neue Freiheit. 

Me Too 

Er zählte über Jahrzehnte zu den mächtigsten Menschen in Hollywood und war ganz eng mit den ganz Großen der "Dream Factory". Harvey Weinstein. Als Gründer von Miramax und Weinstein Company produzierte er preisgekrönte Filme wie "Der Herr der Ringe", "Kill Bill" und "Gangs of New York", um nur ein paar zu nennen. Ein mächtiger, einflussreicher Mann, der es gewohnt war, sich zu nehmen, was er will. Das beschränkte sich lange nicht nur auf die Wahl seiner zu produzierenden Filme. Und das schlimmste: dass Weinstein seine Macht missbrauchte, galt in Hollywood lange Zeit als offenes Geheimnis. 

2017 enthüllten zwei New York Times-Journalistinnen, dass Weinsteins Firma über Jahrzehnte Fälle von sexuellem Missbrauch gedeckt und Schauspielerinnen und Mitarbeiterinnen für ihr Schweigen bezahlt hatte. Zahlreiche Frauen - darunter auch Gwyneth Paltrow, Salma Hayek, Angelina Jolie und Uma Thurman - berichteten von Übergriffen Weinsteins und es verbreitete sich der Hashtag "MeToo", unter dem Frauen weltweit von ähnlichen Erlebnissen berichteten. Im Mai 2018 wurde Weinstein in New York verhaftet, nachdem er sich selbst gestellt hatte. Aber bei aller Liebe, späte Reue wird ihn sicherlich nicht zu dieser Handlung getrieben haben. Anfang Januar 2020 begann der erste Prozess. Das Urteil: 23 Jahren Gefängnis wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung. Und so schließt sich das Kapitel, dessen Ende schon lange überfällig war.

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