#IchBinArmutsbetroffen

#IchBinArmutsbetroffen

Armutsbekämpfung in Deutschland

Von  Sabrina Luttenberger
Wie ein Hashtag versucht, armutsbetroffenen Menschen ein Gesicht zu geben und für mehr Solidarität zu sorgen, liest du hier.

Mit einem Tweet fängt im Mai 2022 alles an


Fast 14 Millionen Menschen in Deutschland sind armutsbetroffen

Innerhalb kurzer Zeit geht der Hashtag viral. Denn Anni ist nicht die Einzige, der es so geht. Fast 14 Millionen Menschen sind in Deutschland von Armut betroffen, die Dunkelziffer ist vermutlich noch höher. Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat - für eine alleinstehende Person sind das weniger als 1074 Euro monatlich. Dabei zeigt sich Armut nicht nur durch Geldmangel, sondern auch in der Möglichkeit auf Bildung, Gesundheit oder Teilnahme an Gesellschaft und Politik.
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Armut kann jede*n treffen

Ob jung, alt, studierend oder Azubi, arbeitslos, alleinerziehend, Familien mit 3 oder mehr Kindern oder Menschen mit Behinderung – Armut kann jede und jeden treffen. Und um genau darauf aufmerksam zu machen, ist aus dem Hashtag #IchbinArmutsbetroffen mittlerweile eine solidarische Bewegung geworden. Betroffene wollen sich nicht länger schämen und erzählen deshalb online offen ihre Geschichten, um die Armut sichtbar zu machen. Immer wieder gehen die Beteiligten aber auch auf die Straße. Bei einer Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt macht Initiatorin Anni die Forderungen der Initiative klar:

"Wir als solidarische Bewegung #IchBinArmutsbetroffen fordern deshalb eine Wohnraum- und Energiegarantie, dauerhaft bezahlbare Wohnungen, Schutz vor drohendem Wohnungsverlust, eine sofortige Energiepreisbremse und eine monatliche Unterstützung für alle Armutsbetroffenen." - Initiatorin Anni W. 


In einem offenen Brief haben die Beteiligten alle Forderungen aufgelistet:

  • Stichwort Energiekrise: Eine unbürokratische und nachhaltige Entlastung bei den Energiekosten für Menschen in Armut
  • Die Pflege familiärer und sozialer Beziehungen ist soziales Existenzminimum und muss in der Bemessung der Regelsätze berücksichtigt werden
  • Umstrukturierung in Verwaltungen, hin zu weniger Bürokratie und einem vertrauensvollen Umgang mit Bürger*innen auf Augenhöhe
  • Verpflichtende Vorschusszahlungen bei Antragstellung
  • Ein armutsfester Mindestlohn, überall! In Werkstätten für Menschen mit Behinderung und in Gefängnissen, sowie eine Entlohnung pflegender Angehöriger
  • Sofortige Erhöhung der Regelsätze auf 678€ im SGB II/XII und im AsylbLG
  • Keine Sanktionen – die Bestrafung und Drohkulisse entwürdigt Menschen
  • Kinder verdienen eine eigene Kindergrundsicherung, das Konzept der Bedarfsgemeinschaften gehört abgeschafft
  • Entbürokratisierung des Bildungs- und Teilhabepakets für alle Kinder und Jugendlichen
  • Ein Stopp der Mietsteigerungen und Verdrängung aus der Stadt
  • Mindestrente für Alters- und Erwerbsminderungsrentner*innen in Höhe des 1,5-fachen steuerlichen Grundfreibetrages von 1.293 Euro
  • Kein Szenario darf den Ausschluss aus der Krankenversicherung oder gar Verschuldung ihr gegenüber rechtfertigen
  • Existenzsicherndes BAföG für Studierende, Auszubildende, Schüler*innen und Menschen in Weiterbildungen


Gefordert wird eine Unterstützung, die den Menschen auch wirklich hilft, gut über die Runden zu kommen.

Mit dem aktuellen Hartz IV Regelsatz von 449 Euro ist das für die meisten nicht der Fall. Auch die Umstellung auf das Bürgergeld und damit 53 Euro mehr reichen laut Betroffenen und Expert*innen in Zeiten der Inflation nicht. Deshalb wünscht sich die Bewegung auch Solidarität von der Gesellschaft. Nina, ebenfalls armutsbetroffen, fasst es bei der Demo so zusammen:
"Denn auch wir sind Menschen, Menschen mit Bedürfnissen und Menschen mit einem Recht auf Teilhabe an Gesellschaft, Kultur und Politik. Nicht bloß eine nackte Zahl in irgendwelchen Armutsberichten. Wir sind Menschen!" - Nina

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