Es gibt so ein paar egoFM Künstler, bei denen uns einfach das Herz aufgeht wenn sie uns nicht nur mit neuen Songs beglücken, sondern auch allein schon wegen ihrer Person. Kid Simius ist einer davon - spätestens bei seiner Signature-Begrüßung "Hola, buenos días" findest du hier kein Gesicht in der Redaktion, das bei einem seiner doch relativ häufigen Besuche nicht auch ein bisschen verliebt gen Tür schaut.
Kid Simius kann aber auch einfach alles.
Der Spanier lebt immerhin den Traum vieler, vieler Musiker: Vor fast zehn Jahren bricht José Antonio García Soler die Schule ab und beschließt nach Berlin zu gehen. Berlin! Die Stadt, die Träume zu ermöglichen scheint - sei es das 1723948789. Start Up zu gründen oder eben den künstlerischen Durchbruch zu schaffen. Berlin, das so viele dieser Träume einfach schluckt. Doch José zieht es trotzdem durch - und hat Erfolg.Die ersten Klänge, die er von der deutschen Metropole aus in die große weite Welt raushaut sind geprägt von Dubstep, wildem Geklacker und Lasersounds. Dabei dauert es nicht lange, bis er in die Gang von K-Paul und Marteria aufgenommen wird. 2011 darf sich der junge Elektrofrickler sogar mit eigenen Beats in Marsimotos Durchbruchalbum Grüner Samt probieren. Ab sofort ist er immer bei Marten dabei - sei es beim Basteln oder als Live-Unterstützung auf Tour.
Auch auf seinem Debütalbum Wet Sounds hält sich Simius nicht zurück. Das ist geprägt von Wucht: schrammige Gitarren! Fette Beats! 8-bit Elemente! Laser! Und das alles auf einmal! Ohne dabei auf den Geist zu gehen.
Nichtsdestotrotz schraubt Kid Simius mit den folgenden Veröffentlichungen am Sound. Der ist nun aufgeräumter, klarer, stellenweise düster, aber dennoch voll von klanglicher Substanz. Seit Beginn hat Kid Simius also quasi eine 180-Grad-Wendung gemacht, ohne damit treue Fans verschreckt zu haben, sondern ganz im Gegenteil: die Zuhörerschaft Kid Simius' wächst stetig.
Theoretisch könnte man den Spanier durchaus auch als Unternehmensberater für Bands engagieren, die sich seit ihrer Gründung nie wirklich getraut haben, mit neuen Sounds zu experimentieren.
Mit seinem zweiten Album scheint es, als wolle Kid Simius zeigen was er er die letzte Dekade so gelernt hat - und zwar wirklich alles. Planet of the Simius zeugt dementsprechend von einer wahnsinnigen Klangvielfalt und die ist auch noch wahnsinnig rein produziert.
Der fast achtminütige Titeltrack katapultiert einen dabei völlig in die 70er Jahre. Genauso wie der folgende, "Living It Up". Input fürs Kopfkino: zu dem Song drehst du deine Bahnen in der Rollschuhdisco. Die Lichter flimmern bunt, alles ist smooth, alles ist ein bisschen sexy und die Stimme von Enda Gallery ist so sanft, dass du mit den Rollen abhebst.
Voreilige Schlüsse soll man jetzt nicht ziehen - Planet of the Simius ist kein reiner Discoplanet.
"The Flute Song" zum Beispiel setzt alles auf Blockflötenklänge und gibt jedem Anfänger die Hoffnung, doch noch was mit dem ollen Ding reißen zu können. Währenddessen beweist "Flashback", dass Elektromusikalität in der Familie der García Solers liegt. Den hat Kid Simius nämlich mit seinem Bruder komponiert.
"Toda la Noche" wiederum tritt mit der brachialen Beatkraft und anschwellenden Synthesizern auf, wie wir sie schon von früheren Werken von Kid Simius kennen. Definitiv ein Song, mit dem man sich die ganze Nacht im Club um die Ohren hauen kann. Mit "La Hacienda" kommt dann richtig Geschwindigkeit ins Spiel: die treibenden Beats lassen dich an der Entscheidung, die Jugend nicht auf Drum'n'Bass Partys verbracht zu haben, zweifeln. Prompt willst du nun alles nachholen und mit diesem Track im Gepäck siegessicher zum DJ deines Vertrauens stolzieren. Mal angenommen, DJs wären noch die Schallplattenunterhalter aus der Altzeit und jeden verdammten Musikwunsch des Publikums erfüllen, würde der ganze Club in Kürze in Flammen stehen.
"Space Jam" schaltet zwar wieder einen Gang zurück, öffnet aber nur noch eine weitere Facette von Kid Simius - der kann nämlich auch mit HipHop umgehen und lässt Rapper Kelvyn Colt klingen wie die ganz großen Eastcoastler. "Estrellita" wäre mit dem epischen Aufbau ein prima Abschlusssong des Albums - diese Details! Diese Wechsel! Diese Emotionen! Was für eine Hymne.
Allerdings hat Kid Simius für den Schluss seines Albums was besonderes, tatsächlich noch passenderes in petto: "Good Bye, Simius", der vom Italiener Fabrizio Cammarata besungen wird und damit klingt wie Urlaub in Italien, der in einem spanischen Ressort mit jamaikanischen Musikern verbracht wird.
Hoffentlich weiß Kid Simius, wie hoch er die Messlatte mit Planet of the Simius gesetzt hat. Was für ein Werk!
Wenn Kid Simius demnächst mal wieder live unterwegs ist, solltest du schauen, dass du nichts wie hin gehst. Nicht nur, weil Planet of the Simius so ein unfassbar gutes Album ist, sondern hauptsächlich wegen der unschlagbaren Live-Qualität von Kid Simius per se. Spätestens wenn man das Kid einmal live performen gesehen hat, mutiert man zum Überfan und verinnerlicht zwangsweise seine drollige Art und Weise, Musik zu fühlen. Wie ein wahnsinnig gewordenes Kind haut er dabei nämlich auf diversen Synthesizern rum und grinst schelmisch, wenn vermeintlich willkürliche Bewegungen richtig guten Sound generieren. Er tobt - die Menge tobt! So läuft das immer ab.
Tracklist: Kid Simius - Planet of the Simius
01 Planet of the Simius02 Living It Up feat. Enda Gallery
03 The Flute Song
04 Flashback feat. KILNAMANA
05 Spanish Footwork feat. Ana Menjibar & Ana Sola
06 Discoteca Basica
07 Toda La Noche feat. MNKYBSNSS
08 La Hacienda
09 Space Jam feat. Kelvyn Colt
10 Estrellita feat. Chava RYM
11 Good Bye, Simius
Planet of the Simius von Kid Simius wurde am 2. November 2018 via Jirafa Records veröffentlicht.
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