Ressourcen sparen statt Neukauf

Ressourcen sparen statt Neukauf

Elektroreparateur Heinrich Jung von der Blitzblume im Interview

Heinrich Jung repariert in seiner Werkstatt Blitzblume alles vom elektrischen Handrührgerät bis hin zur Spülmaschine und hilft so dabei, die Berge an Elektroschrott zu verringern.


Die Blitzblume

Heinrich Jung ist Elektromeister und hat sich vor 40 Jahren mit seiner Reparaturwerkstatt Blitzblume in Ingelheim selbstständig gemacht. Der Blitz im Namen steht für den Elektroberuf und die Blume für die Ökologie: Bei ihm werden kaputte Elektrogeräte repariert statt weggeworfen. 

"Ich habe mir irgendwann die Frage gestellt: Was kann ich als Elektromeiste für den Umweltschutz machen und bin dann auf das Konzept Blitzblume gekommen." - Heinrich Jung

In der Blitzblume werden keine neuen Geräte verkauft - das heißt, die Kund*innen können sich immer darauf verlassen, dass alles unternommen wird, um das Gerät zu reparieren.

Reparieren spart Ressourcen

Heinrich Jung geht es darum, dass Geräte möglichst lange funktionieren, ohne ersetzt werden zu müssen. Denn so werden Ressourcen am effektivsten gespart. Leider sind viele Menschen heute aber schon mit den kleinsten Reparaturarbeiten überfordert und kaufen ein Gerät lieber komplett neu wenn irgendwas kaputt ist. Das liegt allerdings nicht nur am Wohlstand und der Bequemlichkeit unserer Gesellschaft, sondern auch daran, dass es den Verbraucher*innen nicht unbedingt einfach gemacht wird, Dinge zu reparieren beziehungsweise reparieren zu lassen:

Im Moment sind viele Geräte von Anfang an nicht dafür konzipiert, repariert zu werden. Vor allem kleinere Geräte sind zum Beispiel so verklebt oder verschlossen dass sie nur geöffnet werden können, indem das Gehäuse kaputt gemacht wird.


"Da könnte auch ein Schild auf das Gerät aufgeklebt sein, auf dem der Hersteller schreibt: 'Bitte nicht reparieren - wegschmeißen wenn das Ding nicht mehr geht.'" - Heinrich Jung 


Deswegen braucht es politische Vorgaben

Heinrich Jung ist Mitglied des Vereins Runder Tisch Reparatur e.V., der sich für ein Recht auf Reparatur einsetzt. Ersatzteile müssen leicht zugänglich und preiswert sein, die Produkte sollen reparaturfreundlich designt werden und einen Reparaturindex aufweisen und Verbraucher*innen beziehungsweise Reparateur*innen muss der Zugang zu Serviceinformationen wie zum Beispiel Schaltkreisen gewährleistet werden. Die konkreten Forderungen findest du hier.

Geplante Obsoleszenz

Von geplanter Obsoleszenz spricht man, wenn das Veralten oder Kaputtgehen eines Gegenstands von Seiten des Herstellers bewusst geplant und konzipiert wurde. Heinrich Jung ist der Meinung, dass viele neue Geräte eine solche geplante Obsoleszenz aufweisen. Beweisen kann er das aber natürlich nicht - auch wenn einiges für ihn darauf hindeutet. 

"Wenn früher ein Hochdruckschalter 30 Jahre gehalten hat und jetzt nur vier - was soll ich dann von diesem Produkt halten? Da muss jemand an der Stellschraube gedreht haben..." - Heinrich Jung

Dass technische Geräte heute oft nur so eine kurze Lebensdauer haben, steht für ihn entgegen jedem technischen Fortschritt und kann demnach eigentlich nur bewusst so konzipiert sein. 
  • Heinrich Jung zu Gast bei Max
    Das ganze Interview zum Anhören
  • Geplante Obsoleszenz
    Was steckt hinter dem Begriff

Energieeffizienz von neuen Geräten

Oft heißt es, das auch ein Neukaufen gut für die Umwelt sein kann, wenn zum Beispiel ein neuer Kühlschrank energieeffizienter ist als der alte. Heinrich sieht das allerdings sehr kritisch:

"Neue Geräte sparen so viel Energie, also ist es sinnvoll, alte unter Umständen gar nicht zu reparieren - das ist die Erzählung der Industrie. Das Narrativ stimmt aber in der Regel nicht." - Heinrich Jung

Vielleicht ist der neue, energieeffiziente Kühlschrank größer als der alte und das würde bedeuten, dass er spezifisch zwar weniger Energie benötigt, absolut aber trotzdem mehr. Wenn man wissen will, ob der alte Kühlschrank mehr Energie braucht als der neue, dann muss man wirklich messen, sagt Heinrich Jung. Und selbst wenn das neue Gerät absolut gesehen sparsamer ist, dafür aber nur vier Jahre hält, ist auch nichts gespart. Bei jedem neuen Gerät muss man sich also zusätzlich die Frage stellen, wie lange dieses Gerät funktionieren und einen Spareffekt erwirtschaften muss, um die Energie, die zur Herstellung nötig war, auszugleichen. 

Es existiert aber auch ein Gegentrend zur Wegwerfgesellschaft

Bewussten Konsument*innen ist klar, dass mit jedem neuen Produkt auch neue Rohstoffe verbraucht werden und in vielen Fällen Kinderarbeit und / oder die Zerstörung der Umwelt mit gekauft wird und versuchen deswegen, den eigenen Konsum zu reduzieren. Dieses Bewusstsein wird - vor allem bei vielen jungen Menschen - immer stärker und führt dazu, dass auch wieder mehr repariert wird. In nahezu jeder größeren Stadt gibt es inzwischen zum Beispiel sogenannte Repair Cafés und Heinrich Jung und seine Kolleg*innen sind enorm gefragt.

Tüfteln ist Heinrichs Leidenschaft

Ganz abgesehen von Nachhaltigkeit und Ökologie liebt es Heinrich einfach zu tüfteln. Er gibt sich nicht damit zufrieden wenn es heißt, dass etwas nicht auseinander gebaut oder nicht repariert werden kann. Er will wissen, warum etwas nicht mehr funktioniert und wie er es wieder funktionsfähig machen kann - das ist seine Leidenschaft. Oder in seinen Worten: "Reparieren ist für mich der geilste Beruf den es gibt."




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