Die Fabelmans

Die Fabelmans

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Von  Fabian Broicher
Steven Spielberg konfrontiert sich mit seiner eigenen Vergangenheit – und entfacht, so scheint es, die Liebe zum Filmemachen neu. egoFM Kinoredakteur Fabian Broicher lässt sich davon gerne anstecken.



Wie so viele seiner Kolleg*innen (prominentestes Beispiel: Kenneth Brannagh, der seine Kindheit in Belfast wieder hat aufleben lassen) hat wohl auch Steven Spielberg den Lockdown dazu genutzt, Historienforschung zu betreiben. Nicht nur, dass er zuletzt mit West Side Story zuletzt einen Klassiker der Musicalfilme neu interpretierte, jetzt folgt mit Die Fabelmans ein Film, in dem der Regie-Großmeister autobiografische Elemente aus seiner Jugend verarbeitet. So erzählt Spielberg gemeinsam mit seinem Co-Autoren Tony Kushner von einer jüdischen Familie in den Fünfzigern, mit einem besonderen Fokus auf Sammy, dem Sohn, der seine Leidenschaft fürs Kino und Filmemachen entdeckt, gleichzeitig jedoch unter den Eheproblemen seiner Eltern, hervorragend besetzt von Michelle Williams und Paul Dano, leidet. Somit schließt Spielberg also eine der letzten Genrelücken in seiner enormen Filmografie und liefert ein mehr oder weniger klassisches Familiendrama ab.

Worum geht's in The Fabelmans?

Er ist noch grün hinter den Ohren, als der junge Sammy Fabelman gemeinsam mit seinen Eltern Die größte Schau der Welt im Kino sieht, allerdings weiß er sofort, dass ihn dieses Erlebnis für eine lange Zeit nicht mehr loslassen wird. Zuhause beginnt er, ermutigt von den künstlerischen Ambitionen der Klavier spielenden Mutter Mitzi und dem technischen Knowhow des Vaters Burt, der als Computertechniker sein Geld verdient, mit einer Kamera selbst Filme zu drehen. Anfangs benutzt er sein Spielzeug und setzt seine Schwestern als Darstellerinnen ein, doch je älter er wird, desto größer werden auch seine filmischen Projekte, für die er seine wenigen Freunde mehr oder minder freiwillig als Akteure rekrutiert. Doch seine große Leidenschaft für die Traumwelt der großen Leinwand vermag nicht über die Unwägbarkeiten des echten Lebens hinwegzutäuschen. Sammy gerät in der Schule mit antisemitischen Mobbern aneinander, während seine Eltern daheim immer häufiger streiten. Seine Mutter wirkt oft niedergeschlagen. Und sein Vater scheint die künstlerischen Ambitionen seines Sohnes einfach nicht zu goutieren…
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So ist The Fabelmans

Dass das Spätwerk von Steven Spielberg, der ohne jeden Zweifel zu den größten Regisseuren Hollywoods gehört, nicht mehr von konstant guter Qualität ist, ist leider seit ein paar Jahren offensichtlich. Zuletzt enttäuschte sein Remake von West Side Story, während Ready Player One zwar Spaß machte, jedoch an Tiefe vermissen ließ. Umso schöner, dass ihm mit Die Fabelmans ein anrührender und meisterhafter Film gelungen ist. Indem Spielberg sich auf seine Ursprünge besinnt und mit seiner eigenen Vergangenheit auseinandersetzt, gelingt es ihm, große Emotionen ohne viel Kitsch zu erzeugen. Am meisten verneigt er sich mit „Die Fabelmans“ jedoch vor der womöglich allumfassendsten Kunstform – dem Film.

Obendrein gelingt es Spielberg, fantastische Leistungen aus seinen Schauspieler*innen herauszukitzeln. Am Set gewährte er dem Cast Einblicke in sein privates Familienarchiv, was in einer persönlichen Atmosphäre mündete, die auch im fertigen Film noch spürbar ist. Allen voran überzeugt Michelle Williams als an Depressionen leidende Mutter. Und obendrein krönt Spielberg seinen Film mit einem DER besten Cameos der letzten Filmjahre – um wen es geht, wird an dieser Stelle nicht verraten. Nur so viel: Es handelt sich um einen namhaften Regie-Kollegen. Völlig zurecht geht Die Fabelmans bei den diesjährigen Oscars um den besten Film ins Rennen, zusätzlich zu sechs anderen Kategorien. Denn er wirkt wie ein Werk, das Spielberg schon immer in sich trug – von dem er aber bis heute warten musste, um es in dieser Form umzusetzen.

 Deswegen gibt’s für Die Fabelmans 8 von 10 Kinobesuchen.

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