Die Magnetischen

Die Magnetischen

egoFM Trailer

Von  Fabian Broicher
Ein französischer Debütfilm, der die Post-Punk-Ästhetik der frühen Achtziger mit einer Liebesgeschichte und einer Prise Militärdienst verbindet? Für egoFM Kinoredakteur Fabian Broicher ist das heißer Anwärter auf den Film des Jahres.

Manchmal gibt es Filme, bei denen einfach alles stimmt

Namhafte Darsteller*innen agieren unter der Regie einer namhaften Regiekoryphäe, die allesamt auf einen großen Blockbuster hinarbeiten. Und dann gibt es noch Filme, bei denen man nicht notwendigerweise die gesamte Crew aus anderen Produktionen kennt und die trotzdem – oder vielleicht sogar gerade deswegen umso mehr dazu in der Lage sind, mitzureißen. Zu letzterer Kategorie gehört Die Magnetischen, der Debütfilm von Vincent Maël Cardona. Zwar ist der aus der Bretagne stammende Regisseur kein Fremder im Business und gewann für seine Kurzfilme in seinem Heimatland bereits einige Preise, jedoch liefert er mit seinem ersten abendfüllenden Spielfilm eine absolut magische Arbeit ab, mit der er sich hinter der seiner berühmteren Kolleg*innen nicht zu verstecken braucht. Zu seinem Cast gehören obendrein mit Thimotée Robart, Marie Colomb und Joseph Olivennes ganz fantastische junge Schauspieler*innen, die der Coming-of-Age-Geschichte von Die Magnetischen eine gewaltige emotionale Tiefe verleihen.

Worum es in Die Magnetischen geht

Frankreich, irgendwann Anfang der 80er Jahre. In einem kleinen Dorf betreiben die beiden Brüder Jerome und Philippe den Piratensender "Radio Warschau". Sie denken an wenig anderes als Musik, politischen Widerstand und die rebellische Ästhetik der Post-Punk-Bewegung. Der extrovertierte Jerome fungiert dabei als Moderator, sein kleiner Bruder Philippe sitzt als Tontechniker an den Reglern. Dann stellt Jerome der eingeschworenen Clique rund um ihre Dachboden-Radiostation seine Freundin Marianne vor, die ausgerechnet Philippe ziemlich den Kopf verdreht.

Doch für ihn ist es undenkbar, dem eigenen Bruder die Freundin auszuspannen. Obendrein beschäftigt er sich ziemlich intensiv mit seiner bevorstehenden Musterung, denn den Militärdienst möchte Philippe auf gar keinen Fall antreten. Schließlich ist das mit den Punk-Werten überhaupt gar nicht vereinbar – obendrein wurden alle seine Freunde ausgemustert. Doch es kommt, wie es kommen muss: Philippe besteht die Musterung und landet als junger Soldat in Berlin. Dort entdeckt er die lebhafte und einzigartige Musikszene, beginnt, für das Armeeradio zu arbeiten und lauscht den Mixtapes, die Marianne für ihn aufgenommen hat…
  • Fabian über: Die Magnetischen
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So ist der Film

Ruhig und behutsam erzählt Regisseur Vincent Maël Cardona in Die Magnetischen von einer Zeit voller Unsicherheiten, einer regelrecht verlorenen Generation und von der Passion für Musik und Kultur, mit dem introvertierten Philippe als Epizentrum. Allerdings nicht ohne eine wohltuende Prise Humor und ein wahrlich beachtliches Gespür für Handlung und Drama. Dass es ihm gelungen ist, für seine ästhetischen Bilder die entsprechende Musik aus der Zeit zu verwenden, von Iggy Pop bis Joy Division, macht ebenfalls eine Menge Spaß. Besonders hervorzuheben ist "Teenage Kicks" von den Undertones, die eine der besten Szenen im ganzen Film untermalt.

Daneben überzeugen vor allem die Darstellungen von Thimotée Robart und Marie Colomb, die die Liebesgeschichte zwischen Philippe und Marianne wundervoll einfühlsam spielen, als gehörten sie zu der Schauspielelite dieser Welt. Ihnen gelingt gemeinsam mit ihrem Regisseur Cardona die große Kunst, Hoffnung in der Traurigkeit auf die große Leinwand zu bringen, denn Die Magnetischen ist wirklich zum Heulen schön, ohne kitschig zu sein – und dabei trotzdem so lebendig wie kein anderer Film in diesem Jahr. Dafür kann es nur eine Empfehlung geben: Die Magnetischen ist, Stand jetzt, der beste Film des Jahres, den man sich unbedingt anschauen sollte.

10 von 10 Teenage Kicks!

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