Die Umweltschutzziele Deutschlands

Die Umweltschutzziele Deutschlands

Und wie sie sich in den letzten 50 Jahre entwickelt haben

Von  Miriam Fischer
Heute ist Umweltschutz eine der Kernaufgaben staatlicher Politik und in den meisten Verfassungen der Welt verankert - Aber wie haben sich die deutschen Umweltschutzziele vom Beginn der Umweltbewegung 1970 bis zur aktuellen Klimaschutzgesetz-Neuerung eigentlich verändert?


Die Entwicklung der Klimaschutzziele im Überblick

1970er: Beginn der modernen Umweltbewegung

1980er: Politische und institutionelle Veränderungen

1990er: Neuorientierung und Umweltschutz als Staatsziel

2000er: Kyoto-Protokoll

2010er: Atomausstieg, Pariser Klimaabkommen und Klimaschutzgesetz

2020er: Neuerung Klimaschutzgesetz



1970er: Beginn der modernen Umweltbewegung

Das Jahrzehnt zusammengefasst: Der Blick geht hin zu ganzheitlichen Umweltthemen.

Klassische Naturschutzthemen verloren in Deutschland langsam an Bedeutung und stattdessen gerieten neue Themen in den Fokus des ökologischen Denkens: Es ging nicht mehr (nur) um die Bewahrung von Naturlandschaften, sondern auch (und vor allem) um Widerstand gegen ganzheitlichere Themen.

Zum Beispiel gegen das Kernkraftwerk Wyhl, die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf, die Endlagerstätte für radioaktive Abfälle in Gorleben oder Verkehrsgroßprojekte wie Flughäfen und Autobahnen. Außerdem spielen seitdem Wasser- und Luftverschmutzung, die Vernichtung der natürlichen Lebensräume und - grundlagen von Mensch und Tier, umweltschädigende Produkte und Produktionsmethoden und die (Gift-)Müllbeseitigung eine große Rolle in der Umweltbewegung. 

Außerdem erlangten die Bürger*innen zunehmend ein Bewusstsein für die Endlichkeit von Rohstoffen.


Das führte unter anderem dazu, dass Teile der Bevölkerung begannen, freiwillig ihren Müll zu trennen. Ende der 1970er-Jahre sollen in Deutschland dann auch die ersten Altglascontainer aufgestellt worden sein - Altpapierrecycling (seit den 1980ern), den Grünen Punkt (seit 1990) und das Kreislaufwirtschaftsgesetz (seit 1996) gab es damals noch nicht. 

Nach und nach fand dann eine Politisierung des Umweltschutzes statt.



1980er: Politische und institutionelle Veränderungen  

Das Jahrzehnt zusammengefasst: Der deutsche Umweltschutz wird politisiert.

Aus der Umweltbewegung in der Bevölkerung entwickelte sich 1980 die Partei Die Grünen (seit 1993 offiziell Bündnis 90/Die Grünen), die 1983 in das Bundesparlament einzog. Das kann als Beginn der Politisierung des Umweltschutzes in Deutschland gesehen werden. Auch in der DDR lagen die Anfänge der Umweltbewegung in den 70ern und verstärkten sich in den 80ern.

Nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl wurde 1983 in Deutschland das Bundesumweltministerium geschaffen.


Aktuelle Umweltministerin ist übrigens die SPD-Politikerin Svenja Schulze.

1987 fand dann eine Enquete-Kommission (also eine Fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe) zur "Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" statt. Damals wurde das nationale CO2-Minderungsziel von 25 Prozent bis zum Jahr 2005 empfohlen, das Bundeskanzler Helmut Kohl 1995 bekräftigte.


1990er: Neuorientierung und Umweltschutz als Staatsziel

Das Jahrzehnt zusammengefasst: Stichworte wie Abfallvermeidung, Stoffstrommanagement, Kreislaufwirtschaft, Effizienzrevolution und nachhaltiger Lebensstil prägen den Umweltschutz.

Nach der Wiedervereinigung geriet das Thema Umweltschutz erstmal in den Hintergrund, bis es ungefähr 1994 zu einer globalen Neuorientierung der Umweltpolitik kam.
 Seit dem steht vor allem die Belastbarkeit natürlicher Systeme durch Treibhausgase wie CO2 im Mittelpunkt.

Ökologische, ökonomische und soziale Entwicklungsaspekte werden verbunden.


Im Jahr 1992 einigte sich die internationale Staatengemeinschaft bei der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) auf eine Klimarahmenkonvention. Das Ziel dieser United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) ist, die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre zu stabilisieren, um eine vom Menschen verursachte gefährliche Störung des Klimasystems zu verhindern.

Außerdem ist der Umweltschutz seit 1994 als Staatsziel im deutschen Grundgesetz Artikel 20a verankert:



Durch das Kyoto-Protokoll wurden 1997 erstmals völkerrechtlich verbindliche Zielwerte für den Treibhausgas-Ausstoß in den Industrieländern festgelegt. 


2000er: Kyoto-Protokoll

Das Jahrzehnt zusammengefasst: Deutschland verpflichtete sich, den eigenen Treibhausgasausstoß um 21 Prozent gegenüber 1990 zu verringern.

2005 tritt das Kyoto Protokoll dann in Kraft.
In der ersten Verpflichtungsdauer (von 2008 bis 2012) einigten sich teilnehmenden Industrieländer, ihren jährlichen Treibhausgas-Ausstoß um durchschnittlich 5,2 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu reduzieren. Diese Emissionsminderungen wurden erreicht.

Mit diesem Vertrag legte die internationale Staatengemeinschaft zum ersten Mal rechtsverbindliche Ziele zur Senkung des Ausstoßes von klimaschädlichen Treibhausgasen (Emission) wie Kohlenstoffdioxid (CO2) oder Methan fest. Nicht alle Industriestaaten unterwarfen sich der Verpflichtung, trotzdem gilt das Kyoto-Protokoll als Meilenstein der Klimapolitik.

Die EU verpflichtete sich zwischen 2008 und 2020 ihre Emissionen um acht Prozent gegenüber 1990 zu senken.


Um das zu erreichen sicherten die Mitgliedstaaten eigene Emissionsziele zu: Deutschland verpflichtete sich, den eigenen Treibhausgasausstoß um 21 Prozent gegenüber 1990 zu verringern.

Zumindest formal erreichten die Industriestaaten, die sich zu den Kyoto-Zielen dauerhaft verpflichtet hatten, nach der ersten Verpflichtungsrunde ihre Ziele. Ihre Emissionen waren bis 2012 im Vergleich zu 1990 nicht um fünf, sondern um mehr als zwanzig Prozent zurückgegangen. Deutschland konnte seine Emissionen um 23,6 Prozent gegenüber 1990 verringern. Das lag aber sicherlich auch an der Finanzkrise und dem Zusammenbruch der osteuropäischen Volkswirtschaften nach dem Zerfall des Ostblocks.


2010er: Atomausstieg, Pariser Klimaabkommen und Klimaschutzgesetz

Das Jahrzehnt zusammengefasst: Deutschland legt seine neuen  Klimaschutzziele im Klimaschutzplan 2050 fest.

2011, nach der nuklearen Katastrophe in Fukushima, hat die Bundesregierung den Atomausstieg beschlossen.
Aktuell haben wir noch sechs Atomkraftwerke in Deutschland - Ende 2021 sollen drei davon und Ende 2022 dann auch die letzten drei abgeschaltet werden.

Damals sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel:


2012 kam es dann zu der Einigung der Vertragsstaaten, das Kyoto-Protokoll bis 2020 fortzusetzen.


Die EU sagte zu, ihre Emissionen im Rahmen der zweiten Verpflichtungsperiode von 2013 bis 2020 um 20 Prozent im Vergleich zu 1990 abzusenken. Japan, Neuseeland und Russland nahmen an der zweiten Verpflichtungsperiode jedoch nicht mehr teil, die USA stiegen bereits 2001 aus. 

Die drei Länder mit dem damals weltweit größten Treibhausgasausstoß – die USA, China und Indien – verpflichteten sich nicht bei der zweiten Verpflichtungsperiode zur Absenkung. Das heißt, die Staaten, die an der zweiten Periode des Kyoto-Protokolls teilgenommen haben, waren nur noch für knapp 15 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Es war also global gesehen nicht sehr effektiv.

Das Pariser Klimaabkommen von 2015


Im Pariser Klimaabkommen einigten sich alle 195 UNFCCC-Unterzeichnerstaaten darauf, die Erderwärmung auf ein Maß von "deutlich unter zwei Grad" im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen.

Deutschland hat in Anlehnung an das Pariser Abkommen und die EU-Klimaschutzziele seine Klimaschutzziele im Klimaschutzplan 2050 festgelegt. Darin beschreibt Deutschland seine Ziele bis zur treibhausneutralen Nation: Eine Treibhausgasreduktion im Vergleich zum Jahr 1990
  • bis 2020 um 40 Prozent 
  • bis 2030 um 55 Prozent
  • bis 2040 um 70 Prozent
  • bis 2050 weitgehend treibhausgasneutral

Seit 2018 ist der Klimaschutz mit Fridays for Future wieder deutlich mehr in den Blick der breiten Öffentlichkeit geraten - Fridays for Future fordern die globale Erwärmung auf unter 1,5 Grad zu begrenzen.

2019 tritt das Bundes-Klimaschutzgesetz in Kraft


Das Gesetz soll die Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele bis 2030 sowie die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben gewährleisten. Dafür gibt es bis 2030 auch jährliche Minderungsziele. 


2020er: Neuerung Klimaschutzgesetz

Das Jahrzehnt zusammengefasst: Generationenvertrag für das Klima.

Deutschland hat das 2020-Ziel des Pariser Klimaabkommens (Minderung um 40 Prozent) überraschend erreicht. 
Das lag allerdings vor allem an Corona:


2021 Änderung Klimaschutzgesetz


Die bisher bestehenden Ziele bis 2030 und 2040 sollen durch die Neuerung verschärft und das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 verankert werden:
Die Treibhausgasreduktion im Vergleich zum Jahr 1990 soll um mindestens 65 Prozent im Jahr 2030 (statt der bisher 55) und mindestens 88 Prozent im Jahr 2040 (statt der bisher 70) gesenkt werden. Nach dem Jahr 2050 strebt die Bundesregierung negative Emissionen an.

Damit soll verhindert werden, dass es in Zukunft zu unverhältnismäßigen Einschränkungen der Freiheitsgrundrechte der heute jüngeren Menschen kommt. 


Ein Sofortprogramm mit ersten Maßnahmen zur Umsetzung will die Bundesregierung in den kommenden Wochen auf den Weg bringen.

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