Tiergestützte Therapieformen - Reiterhof statt Praxis

Tiergestützte Therapieformen - Reiterhof statt Praxis

Therapeutin Dr. Katharina Gold im Interview

Von  Lola Aichner und Max Klement (Interview) | Max Frohberg (Artikel)
Welche Auswirkungen haben Tiere auf unsere Psyche?

Im Rahmen ihrer Therapieangebote setzt die Pädagogin, Schulpsychologin und Therapeutin Dr. Katharina Gold unter anderem auf den Einsatz von Therapietieren. Welche Tiere sie genau verwendet und wie genau Katharina die Behandlungsmethode entwickelte, hat sie egoFM Max im Interview verraten.
  • Therapeutin Dr. Katharina Gold im Interview


Ziemlich beste Freunde

...und treue Weggefährten. Wer je ein Haustier besessen hat, weiß, dass zwischen Mensch und Tier eine besondere Verbindung entstehen kann, welche sich auch auf psychischer Ebene zeigt. Dr. Katharina Gold wuchs selbst mit Tieren auf und erlebte deren positiven Effekt somit auch in ihrem privaten Umfeld.
"Ich weiß das noch aus meiner eigenen Kindheit. Wenn meine Eltern weg waren, habe ich mich nie alleine gefühlt, weil da immer noch der Hund da war." - Dr. Katharina Gold

Denn Tiere sind frei von Wertung, akzeptieren einen so wie man ist. Diese Form der Unterstützung kann eine große Sicherheit geben und auch in einem therapeutischen Rahmen gezielt eingesetzt werden.

Dabei entwickelte sie die Idee zur Einbindung von Tieren in ihrer Arbeit aus der Praxis heraus

In ihrer damaligen Arbeit auf einer Transplantationsstation für Kinder fiel Katharina ein Kind auf, welches seinen Hund vermisste. Daraufhin stellte sie dem Kind ihren eigenen Hund vor, nahm ihn mit und ließ den Jungen vor dem Krankenhaus mit ihm spielen, was zu positiven Ergebnissen im Behandlungsverlauf führte. Auch in ihrer Tätigkeit als Therapeutin bemerkte Katharina, dass bei Kindern neben einer spieltherapeutischen Methodik auch der Umgang mit ihrem Hund zu Erfolgen führte.
"Ich habe damals angefangen, mich und meinen Hund auszubilden und habe es immer mehr in die Behandlung mit reingenommen. Ich hatte schon länger eine eigene Praxis, wo ich auch gemerkt habe, dass es in der Therapie Punkte gab, wo ich mit Spieltherapie gar nicht so rangekommen bin. Wenn ich aus der Praxis rausgegangen bin und draußen mein Hund rumgelaufen ist, sind die Kinder dann hin und diese zehn Minuten am Schluss waren oft wertvoller." - Dr. Katharina Gold

Mittlerweile ist der Umgang mit Tieren ein fester Bestandteil von Katharinas Behandlung.
"Meine Hunde schaffen oft was ich in zehn Stunden schaffe in ein bis zwei Therapiestunden." - Dr. Katharina Gold


Dabei arbeitet sie vor allem mit Hunden und Pferden

Denn jedes Tier erfüllt auch einen bestimmten therapeutischen Zweck, wobei jedes Tier ein spezielles Training benötigt. Hunde müssen somit zum Gehorsam erzogen werden, dürfen nicht unkontrolliert reagieren, wenn sich ein Kind zum Beispiel in seinem Fell festklammert. Darüber hinaus müssen sie ruhig und unterstützend darauf reagieren können, wenn ein Kind einen Wutanfall hat und praktische Tricks wie das richtige positionieren neben einem Rollstuhl beherrschen.
"Mein Hund hat einen kleinen Buzzer, mit dem er sprechen kann, wenn man drauf drückt. Das ist natürlich super, denn ich habe viele Kinder, die selber nicht sprechen können, die aber auch über so einen Buzzer erzählen können. Dann ist der Hund mit denen auf einer Ebene und kann zum Beispiel sagen: Hallo, ich bin Nala, der Schulhund." - Dr. Katharina Gold

Da Pferde von Natur aus Fluchttiere sind, gestaltet sich deren Ausbildung etwas schwieriger und zeitintensiver.
Katharina achtet daher darauf, von vornherein Tiere auszuwählen, die von ihrem Wesen her eine große Menge Ruhe und Gelassenheit mitbringen.
"Das Pferd muss es aushalten das Kinder draufsitzen die schreien, wütend sind, die sich anders bewegen und auch mal runterrutschen." - Dr. Katharina Gold

Wichtig ist also vor allem der Charakter des Tieres. Auch Hasen und Meerschweinchen werden ab und zu von der Therapeutin eingesetzt, falls eine besondere Angst vor großen Tieren besteht. Dabei kann in solchen Fällen auch mit bestimmten Methoden gearbeitet werden, um diese Ängste nach und nach abzubauen, wie zum Beispiel eine Sitzung, in der ein Fell verwendet wird oder Geräusche der Tiere gespielt werden.


Man darf jedoch nie vergessen, dass nicht das Tier alleine therapiert, sondern immer der*dem Therapeut*in

Die Tiere nehmen dabei eher die Rolle eines Therapiegegenstandes ein, welcher gezielt eingesetzt wird. Das Tierwohl spielt dabei jedoch eine existenzielle Rolle.
"Mir ist es immer wichtig, dass die Tiere auch Spaß daran haben wollen. Die müssen mir das Gefühl vermitteln die machen das gerne." - Dr. Katharina Gold

Reiten gegen Depression

Die Vorteile der tiergestützten Therapie sieht Katharina dabei unter anderem auch im räumlichen Ablauf der Sitzungen. Während diese normalerweise in einem geschlossenen Raum stattfinden, befindet man sich bei der Reittherapie in einem Pferdestall. Der Fokus ist dabei ein anderer und es wird teilweise einfacher, sich zu entspannen und zu lösen. Neben ihren vielen Patient*innen mit körperlichen Beeinträchtigungen sieht Katharina auch in der Arbeit mit psychisch Erkrankten die Vorteile der tiergestützten Therapie.
"Ich glaube, dass gerade psychische Erkrankungen sehr präsent sind, Gott sei dank ist das nicht mehr so ein Tabuthema wie früher. Ich habe oft erlebt, dass Tiere in diesen Bereichen eine unglaubliche Unterstützung sein können." - Dr. Katharina Gold

Der direkte Körperkontakt mit den Tieren, zum Beispiel durch Streicheln und Berühren, trägt dabei bereits einen wichtigen Faktor bei. Allein in der Pandemie, wo jegliche Art des Körperkontakts plötzlich wegfiel, gab es einen deutlichen Anstieg psychischer Erkrankungen. Dies hängt zwar auch mit anderen Faktoren zusammen, jedoch kann es zum Teil auch darauf zurückgeführt werden, denn jeder Mensch braucht körperliche Zuwendung.

Leider wird diese Art der Therapieform nicht von den Krankenkassen finanziert, es gibt jedoch Unterstützungsangebote über private Vereine. Es wird sich jedoch bemüht, diese Erfahrung möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen.
"Wir haben immer mal wieder Aktionen, zum Beispiel auch mit dem Verein für krebskranke Kinder in Regensburg oder dem Verein für körperbehinderte Menschen, wo wir dann ehrenamtlich auch mal einen Tag reiten anbieten." - Dr. Katharina Gold

Therapie und Tiere passen also in den meisten Fällen gut zusammen, das Leben ist wohl doch ein Ponyhof...





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