Für die Gleichbehandlung aller Flüchtenden

Für die Gleichbehandlung aller Flüchtenden

Axel Steier im Interview mit egoFM Max

Mission Lifeline rettet und unterstützt seit Jahren Menschen auf der Flucht. Vorstand Axel Steier spricht mit uns im Interview über unfaire Behandlung von Geflüchteten und Forderungen an die Politik.

Mehr tun als "nur" demonstrieren

Bereits im Jahr 2015 war Axel Steier auf der Balkanroute unterwegs und half dort Geflüchteten. Dazu entschloss er sich, nachdem er einen Medienbericht über die Situation von Menschen auf der Flucht sah. Er wollte mehr machen als nur gegen Bewegungen wie Pegida zu demonstrieren. Ein Jahr später gründete er dann die Initiative Mission Lifeline. Momentan arbeitet er dafür mehr als 40 Stunden die Woche.
  • Axel Steier von Mission Lifeline
    Das komplette Interview zum Anhören

Transport oft wichtiger als Sachspenden

Normalerweise liegt der Fokus von Mission Lifeline auf der Seenotrettung. Als letztes Jahr in Afghanistan die Taliban die Macht übernahmen, kümmerte sich die Organisation aber auch um die Evakuierung der Menschen dort und organisierte Aufnahmezusagen. Und auch als im Februar der Angriffskrieg Russlands gegen Ukraine begann, machte es sich Mission Lifeline zur Aufgabe, die Menschen mit einem Konvoi von den Grenzen weg zu bringen. Denn der Transportweg, erzählt Axel Steier, sei oft ein großes Problem für flüchtende Menschen.

"Es ist weniger die Windel die fehlt oder die Schuhe die fehlen, das denkt man oft und dann machen viele Sachspenden. Das ist aber eigentlich gar nicht, was häufig gebraucht wird, sondern meistens Transportmöglichkeiten und die haben wir dann geschaffen." – Axel Steier

Mit gemieteten Bussen bringt Mission Lifeline seitdem täglich Menschen von der Grenze nach Deutschland, meist in die großen Ankunftszentren in Leipzig oder Hannover. Für einen möglichst reibungslosen Vorgang sei laut Axel vor allem die Absprache mit den Behörden vor Ort und den lokalen Initiativen wichtig, genauso wie die Bedarfserfassung die anschließende Deckung des Bedarfs.

 


Ungerechte Behandlung und Rassismus gegenüber Geflüchteten

In Deutschland dürfen Ukrainer*innen kostenlos mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren oder ohne Schulabschluss studieren. Sie bekommen schnell und unbürokratisch die Hilfe, die sie benötigen. Auch wenn das ein schönes Zeichen der Solidarität und gut und richtig ist, auf Flüchtenden aus anderen Ländern liegt weitaus weniger Aufmerksamkeit. In Berlin mussten viele Afghan*innen und Syrer*innen ihre Unterkünfte räumen, um Ukrainer*innen Platz zu machen. Aber auch unter Geflüchteten aus Ukraine werden zum Beispiel Schwarze und andere nicht-weiße Schutzsuchende oft auffällig anders behandelt. Wenn People of Color die Schutzwürdigkeit abgesprochen wird und sie auf ihrer Flucht aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihres Passes benachteiligt werden, dann ist das ganz klar Rassismus. Die unterschiedliche Behandlung stuft Axel Steier als großes Problem ein.
"Es kann nicht sein, dass Menschen in der gleicher Lage anders behandelt werden. Das stiftet Unfrieden in der Gesellschaft, potenziell auch unter Geflüchteten aber eben auch hier in Deutschland. Es ist eigentlich totaler Quatsch, sich als Gesellschaft die Blöße zu geben, hier einen Unterschied zu machen." – Axel Steier


Mehr zum Thema Solidarität und Diskriminierung marginsalisierter Gruppen haben wir dir hier zusammengefasst.


Eindimensionale Aufmerksamkeit?

Neben dieser oft unfairen Behandlung kommt noch dazu, dass die mediale Aufmerksamkeit im Moment stark auf Ukrainer*innen gerichtet ist. Mission Lifeline merke das auch an der Spendenbereitschaft der Menschen. Dadurch, dass die Organisation sich ausschließlich durch Spenden finanziert, kann man zwar auf ihrer Website für Mission Lifeline direkt, aber auch für Hilfe für ukrainische Geflüchtete, Menschen in Afghanistan oder die Seenotrettung spenden. Die Spendenbereitschaft für Afghanistan sei laut Axel Steier in der letzten Zeit stark gesunken. Das sei aber nicht das einzige Problem.

"Das Problem ist auch die Bereitschaft in den Ministerien, sich mit den Menschen, also mit den Einzelfällen, auseinanderzusetzen. Wir haben heute noch Angehörige der Bundeswehr, Angehörige der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, der Deutschen Welle, die dort unten warten auf eine Aufnahmezusage. […] Gleichzeitig finden Verfolgungen statt vor Ort […]. Wir haben den Eindruck, die mediale Aufmerksamkeit kommt diesem politischen verwaltungstechnischen Bereich sehr gelegen, also sie müssen sich praktisch auch nicht drum kümmern, weil eben die Aufmerksamkeit nicht mehr da ist." – Axel Steier

Axel Steier fordert deshalb auch von der Politik, endlich ihre Versprechungen wahr zu machen.

Es könne nicht sein, dass das eindimensional funktioniere und nur ein Thema von der Bundesregierung bearbeitet werde. Gerichte müssten schneller entscheiden, denn immerhin gehe es um Leben und Tod.

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Wie entscheide ich, wo ich helfe?

Eine Spendenaktion hier, eine Hilfsaktion dort. Dass viele Menschen Unterstützung brauchen, ist vermutlich den meisten von uns klar. Dass man helfen will, wo man kann, ebenfalls. Aber oft ist es die Abwägung, die einem schwer fällt. Um zu entscheiden, wo du helfen willst, hat Axel einen wertvollen Tipp:

"Folgt dem, was euch berührt! Wenn ihr auf der Straße jemanden seht, der bettelt und wo ihr das Gefühl habt, hier kann ich was tun, hier muss ich was tun, dann macht's. Wenn ihr an anderen Stellen der Gesellschaft eine Möglichkeit seht, was zu tun und euch berührt das Schicksal, dann tut was. Da ist schon viel geholfen, wenn die Menschen sich berühren lassen. Man kann nicht überall helfen das ist ganz klar, aber da wo's einen persönlich berührt, da kann man auch glaub ich was tun." – Axel Steier

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