Gefährliche Spielchallenges

Gefährliche Spielchallenges

Was Eltern tun können, um ihre Kinder zu schützen

Von  Lola Aichner & Anna Taylor
Spiele und Sportarten aus Film, Fernsehen oder Computerspielen werden immer wieder auch Teil der realen Welt. Das ist nicht immer ganz ungefährlich...

Quidditch aus Harry Potter wird mittlerweile international gespielt und auch einige Lichtschwert-Kampfvereine gibt es in Deutschland. Doch bei manchen Trends würde man sich wünschen, sie würden nur auf dem Bildschirm existieren.

Zum Beispiel Squid Game

In der Serie spielen erwachsene Menschen Kinderspiele - wer verliert, verliert allerdings nicht nur das Spiel, sondern auch sein Leben. An einigen Schulen wurde beobachtet, wie Kinder diese Spiele nachmachen - und zwar nicht als muntere Kinderversion, sondern weitaus ernster: Wer am Schulhof die Spiele verliert, wird mit einer Ohrfeige bestraft. Und das, obwohl Squid Game eigentlich erst ab 16 ist und die Kinder diese gar nicht gesehen haben sollten. Deswegen wurden Eltern zur Hochzeit der Serie darauf hingewiesen, genau darauf zu achten, welche Medien ihre Kids konsumieren. Aber das sollte sowieso immer in gewissen Maßen passieren.



Als wäre der Einfluss der Fiktion nicht eh schon groß genug, wird Squid Game übrigens auch als Reality-Game-Show inszeniert. In der Gameshow wird um 4,56 Millionen Dollar gespielt. Allerdings waren die Dreharbeiten in London angeblich ein absolutes Desaster. Die Teilnehmer*innen wurden frierend in der Kälte stehengelassen, einige Spieler*innen kollabierten und mussten medizinisch versorgt werden. Außerdem berichteten Teilnehmer*innen, dass die Produzent*innen den Ausgang der Spiele manipuliert haben, damit einige Influencer*innen sicher in die nächsten Runden gekommen sind.



Geradezu horrormäßig ist Huggy Wuggy

Huggy Wuggy ist eine Figur aus dem Spiel Poppy Playtime, das letztes Jahr im Oktober erschienen ist. Ein blaues Plüschmonster, mit langen, dünnen Armen und Beinen und einem fies grinsenden Mund mit vielen, vielen spitzen Zähnen. Im Spiel muss man vor Huggy Wuggy fliehen, denn wen er einen erwischt, umarmt er einen so lange, bis man platzt.

Also eigentlich nichts für Kids, trotzdem hat die Plüschfigur Einzug in viele Kinderzimmer gehalten.

Und das, obwohl es auch hier eine Altersbegrenzung gibt, das Spiel ist nämlich erst ab 12 Jahren. Allerdings ist dieses Phänomen keine Seltenheit: Ähnlich wie Huggy Wuggy kommt es hin und wieder vor, dass sich Figuren oder Elemente aus Horrorspielen oder -filmen in die Hände ahnungsloser Kinder verirren. Das kommt über die unkontrollierbare Verbreitung über Social Media, wodurch Gruselfiguren von ihrem Hintergrund gelöst werden - und ohne den Kontext könnte man sowas wie Huggy Wuggy auf irgendeine Art und Weise auch... süß finden und als Plüschfigur haben wollen. Das Problem dabei ist allerdings: Manche Kinder kennen den Horrorkontext und können von den Kuscheltieren stark verängstigt werden.

Wie man in so einem Fall als Elternteil reagieren kann, darüber hat egoFM Lola mit Charlotte Horsch gesprochen.

Sie ist Mitarbeiterin im JFF, dem Institut für Medienpädagogik und arbeitet sowohl in der Redaktion FLIMMO Ratgeber für TV, Streaming und YouTube.
  • Warum es wichtig ist, Medienkompetenz zu lehren
    Charlotte Horsch im Interview

Medienkompetenz für Eltern und Kinder

Eltern sollten stets die Hintergründe zu beliebtem Franchise erörtern. Wenn im Falle von Huggy Wuggy so klar wird, dass es sich um eine Horrorfigur handelt, rät Charlotte davon ab, das Plüschtier zu kaufen. Ganz egal, ob das Kind den Hintergrund kennt oder nicht - schlicht, um andere Kinder, die ihn kennen, zu schützen und nicht unnötig zu verängstigen. Den Grund für die Entscheidung sollten Eltern ihren Kindern aber durchaus mitteilen. Denn Offenheit ist bei diesem Thema sehr wichtig:

Eltern müssen unbedingt mit ihren Kindern eine Vertrauensbasis erschaffen, auf der sich die Kinder nicht vor Strafen fürchten müssen, wenn sie im Internet mal etwas sehen, was sie verstört oder verängstigt. 

Medienpädagogin Charlotte erklärt: Wenn Kinder etwas Gruseliges gesehen haben, ist es wichtig, für die Kinder da zu sein und weniger mit Strafen zu reagieren. Denn wenn Kinder sich fürchten müssen, bestraft zu werden für ihre Mediennutzung oder Angst davor haben, das Smartphone oder Tablet abzugeben, dann werden sie sich eher unwahrscheinlich gegenüber Erwachsenen öffnen. Dabei ist es das Wichtigste, dass Kinder zu ihren Eltern gehen können, wenn sie durch Inhalte verstört oder verängstigt wurden. So bleiben auch die Eltern auf dem Laufenden, was ihre Kinder gerade beschäftigt und können bei Kontakt mit gefährlichen Trends direkt handeln.

Wie können Eltern die Mediennutzung ihrer Kinder kontrollieren? 

Am besten nicht mit großen Verboten und Einschränkungen, sagt Charlotte. Charlotte betont noch einmal, dass Eltern, anstatt Kontrolle auszuüben, lieber auf ein gutes Vertrauensverhältnis achten und Hintergründe erläutern.

Dennoch sollten die Geräte von Kindern mit gewissen Sicherheitseinstellungen versehen werden. 

Charlotte Horsch empfiehlt beispielsweise das Jugendschutzprogramm JusProg. Allerdings weist sie darauf hin, dass ein technischer Schutz nie zu hundert Prozent ausreicht und das Vertrauensverhältnis nicht ersetzen kann.

Was können Eltern sonst tun?

Eine weitere simple, aber effektive Maßnahme ist: mit Eltern von Kindern, die öfter mal ihren Klassenkamerad*innen verstörende Inhalte zeigen, zu reden. Wenn das nicht bringt, sollte auf die Lehrkräfte zugegangen werden. Ansonsten empfiehlt Charlotte, zu dem Thema auch mal ganze Elternabende anzusetzen oder Medienpädagog*innen ins Haus zu holen, die Workshops und Fortbildungen für Kinder, Jugendliche und Eltern anbieten. Auf der FLIMMO Webseite findest du ein großes Angebot und noch mehr Informationen über das Thema Medienerziehung.



Inhaltswarnung

Im folgenden Abschnitt geht es um weitere Internetchallenges, die um einiges brutaler und gefährlicher sind. Dabei geht es teilweise um selbstverletztendes Verhalten und Suizid.



Es geht noch schlimmer

Dass Eltern auf dem Laufenden bleiben sollten, was ihre Kinder im Internet treiben, zeigen einige weitaus gefährlichere Trends der letzten Jahre. Dazu gehören beispielsweise Momo, The Blue Whale Challenge oder Slenderman. Diese Challenges haben sich zu einem sehr ernsten Problem entwickelt, da sie nicht nur das psychische Wohlbefinden der Kinder beeinträchtigen, sondern auch ihre körperliche Sicherheit gefährden können.

Was steckt hinter Momo, The Blue Whale Challende & Slenderman?

Momo hat eine furchteinflößende Fratze mit langen schwarzen Haaren und einem verzerrten Lächeln. Sie erscheint vor allem als Kettenbriefverfasserin auf WhatsApp. Dabei wird behauptet, dass Momo ein verstorbenes Mädchen ist, das nun übers Internet herumspukt. Wer ihre Botschaft nicht an 15 weitere Kontakte sendet, soll nachts von ihre heimgesucht werden. Doch lässt sich das Kind auf das Spiel ein, folgen weitere Aufgaben, wie etwa sich selbst zu verletzen oder sogar Selbstmord zu begehen.

The Blue Whale Challenge ist ein ähnlicher Trend in den sozialen Medien. Der Name stammt von einer Legende, wonach Wale absichtlich an Land kommen, um Selbstmord zu begehen. Die Herausforderung besteht aus einer Reihe von Aufgaben, die von den Teilnehmer*innen ausgeführt werden müssen, wie z.B. das Schneiden von Symbolen in die Haut. Die letzte Aufgabe besteht darin, Suizid zu begehen.

Slenderman ist ein düsterer Charakter, der ursprünglich als Meme im Internet aufgetaucht ist, anschließend zum kostenlosen Browser Game programmiert und schließlich auch verfilmt wurde. Er hat eine lange, dünne Gestalt, kein Gesicht und trägt einen schwarzen Anzug. Es wird behauptet, dass Slenderman Kinder dazu ermutigt, sich selbst zu verletzen oder sogar andere zu töten.

Eltern müssen sich bewusst sein, dass diese Spieletrends reale und ernste Konsequenzen haben können.

Es ist wichtig, mit den Kindern über die Risiken zu sprechen und ihnen zu erklären, dass sie keine Aufgaben ausführen sollten, die ihnen von Unbekannten oder Online-Charakteren gestellt werden. Eltern sollten auch sicherstellen, dass ihre Kinder keine persönlichen Informationen online teilen und dass sie wissen, wie sie Hilfe suchen können, wenn sie sich bedroht fühlen. Darüber hinaus sollten Eltern die Online-Aktivitäten ihrer Kinder auf dem Schirm haben und sicherstellen, dass sie nur auf altersgerechte Inhalte zugreifen. Auch gute Privatsphäre-Einstellungen sind wichtig, damit es Fremden weniger leicht fällt, mit ihren Kindern in Kontakt zu treten.

Doch nur um es noch einmal wiederholt zu haben: Eine gute Vertrauensbasis zwischen Eltern und Kindern ist bei der Mediennutzung das Allerwichtigste. Weniger Fokus auf Einschränkungen, mehr auf Offenheit und Aufklärung. Eltern müssen ihren Kindern eine verantwortungsbewusste Mediennutzung beibringen, mit der sie selbst durchdachte Entscheidungen im Internet treffen können. Sie sollten sicherstellen, dass sie mit ihren Kindern über die möglichen Risiken sprechen und ihnen beibringen, wie sie sich sicher im Internet bewegen können. Nur so können Eltern dazu beitragen, dass ihre Kinder vor gefährlichen Spieletrends im Internet geschützt werden.

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