Blutiger Beruf: Tatortreiniger

Blutiger Beruf: Tatortreiniger

Das Interview mit Daniel Nietsch

Das Wegwischen von Blut ist lang nicht alles, was dieser Beruf erfordert.


Nach dem Ende noch Aufräumen

Viele kennen ihn aus dem Fernsehen: den Tatortreiniger. Dass die Serie aber kaum etwas mit dem echten Beruf zu tun hat und wie der Job wirklich abläuft, erklärt uns Daniel Nietsch.
  • Tatorteiniger Daniel Nietsch über seinen Job
    Das Interview zum Nachhören

Zu dem außergewöhnlichen Beruf kam er über seinen Schwiegervater, der 30 Jahre lang bei der Münchner Berufsfeuerwehr gearbeitet und dort nicht nur gute Erfahrungen gemacht hatte.

"Die Hinterbliebenen wurden immer mit der Verunreinigung zurückgelassen und keiner hat sich mehr darum gekümmert, was eigentlich danach passiert."

Das wollte Nietschs Schwiegervater ändern, weshalb er eine Firma zur Tatortreinigung gründete. Dabei ist die Bezeichnung "Tatortreiniger" eigentlich gar nicht so treffend.
 
"Man sagt ja immer 'Tatort', aber von den Tatorten gibt es gar nicht so viele, das sind nur zehn Prozent unserer Einsätze. 50 Prozent sind lang liegende Leichen."

Als Tatort- oder besser Leichenfundortreiniger wird Daniel Nietsch von den Hinterbliebenen des*der Toten kontaktiert. Für die dann folgende Arbeit sollte man keine zu feine Nase haben.

"Man sollte sehr abgestumpft und unempfindlich sein gegen 'harte' Gerüche. Der Mensch stumpft mit der Zeit zwar ab, aber man muss das schon verkraften können. Das liegt auch nicht jedem."



In seiner bisherigen beruflichen Laufbahn hat Nietsch schon so Manches erlebt, natürlich nicht nur Erfreuliches.


Neben Familiendramen bei Kriminalfällen blieben ihm auch andere Ereignisse in Erinnerung:

"Wenn sich neben der Toilette auf 60 Zentimeter Höhe die Fäkalien stapeln, die man nachher wegschaufeln muss, das bleibt einem auch im Kopf."

Trotzdem übt er seinen Beruf gern aus:

"Ich kann damit einfach anderen Leuten helfen. Man freut sich auch selbst, wenn man vorher gesehen hat, was vom Tod übrig geblieben ist und wie die Wohnungen aussehen, wenn wir dann gehen. Das glaubt man meistens nicht."

Daniel Nietsch hat aus 30m² kleinen Messie-Wohnungen, deren Bewohner*in verstorben ist, schon bis zu 50 Kubikmeter Müll entfernt. Diesen Teil des Arbeitsalltags zeigt die Serie Der Tatortreinige zum Beispiel nicht.

"Mit der Fernsehserie hat der Job überhaupt nichts zu tun. Gar nichts." 



Erzählt er Menschen von seinem Beruf, gehen die Reaktionen weit auseinander.


"Die einen sagen: 'Wie kannst du nur? Das muss doch total eklig sein', die anderen sagen: 'Respekt, dass du das machst, dass du anderen so hilfst.'"

Daniel Nietsch hat darin allerdings nicht nur einen Job, sondern seine Berufung gefunden. Trotzdem muss auch er sich die Erlebnisse von der Seele reden:

"Wir gehen danach immer gemeinsam essen, da können wir uns nochmal miteinander austauschen und über die Wohnung reden. [...] So kann jeder nochmal die Seele ausschweifen lassen."

Daniel Nietsch ist sich bewusst, dass viele Leute es makaber finden, direkt nach einer Tatortreinigung essen zu gehen. Doch es ist für ihn und seine Kollegen zu einem Ritual geworden, das ihnen gut tut.
Und mal ganz ehrlich: Wer diesen Beruf ausübt, dem wird auch beim Anblick eines blutigen Steaks nicht mehr übel.

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