T wie Tempolimit

T wie Tempolimit

egos4future - Von A bis Z

Von  Miriam Fischer
Jeder Buchstabe ein Thema: Wir fassen die Basics zu Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit zusammen. Diese Woche: T wie Tempolimit.

Die Debatte um ein Tempolimit flammt immer wieder auf - nicht nur, aber auch angesichts der Klimakatastrophe. Aber welchen Effekt hätte eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen eigentlich für unseren Planeten? Hier einige Fakten im Überblick: 

Kein Tempolimit in Deutschland

Auf Autobahnen, Straßen mit mindestens zwei markierten Fahrstreifen pro Richtung und Straßen, deren Richtungen durch bauliche Einrichtungen getrennt sind, gilt in Deutschland kein generelles Tempolimit. SPD und Grüne haben sich zwar im Wahlkampf für eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf den deutschen Fernstraßen eingesetzt, die Ampel-Regierung hat sich aber schlussendlich gegen ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ausgesprochen. Damit konnte sich die FDP durchsetzen, die ein striktes Limit grundsätzlich ablehnt. Die Regierung plant aktuell also kein generelles Limit, obwohl einer Umfrage zufolge tatsächlich 60 Prozent der Deutschen eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h für eine sinnvolle Maßnahme zum Umwelt- und Klimaschutz halten. Immerhin macht der Verkehrssektor ungefähr ein Drittel aller Treibhausgas-Emissionen in Deutschland aus. Dieser Anteil lag 2019 bei rund 165 Millionen Tonnen, bis 2030 soll er auf 85 Millionen Tonnen reduziert werden. Für einige ist das Tempolimit bei dieser geplanten Reduzierung ein wichtiges Mittel, andere sehen darin eher Symbolpolitik. 

CO2 sparen durch Geschwindigkeitsbegrenzungen?

Eine Studie des Umweltbundesamts kommt zu dem Ergebnis, dass durch ein Tempolimit von 100 km/h auf deutschen Autobahnen die Treibhausgas-Emissionen um rund fünf Millionen Tonnen pro Jahr verringert werden könnten. Bei 120 km/h wären es immer noch 2,6 und bei 130 km/h 1,9 Tonnen. Denn die Geschwindigkeit ist ausschlaggebend für die ausgestoßene Menge an CO2, das heißt: Je niedriger das Tempolimit ist, desto mehr CO2 könnte eingespart werden. Oder anders gesagt, umso schneller man fährt, desto mehr Treibstoff wird verbraucht und desto mehr Treibhausgase wie CO2 werden auch freigesetzt. 

Ein Tempolimit von 130 km/h könnte laut dieser Studie bereits 2,4 Prozent zur geplanten Reduzierung beitragen.


Diese Berechnungen des Umweltbundesamts beziehen sich übrigens nur auf die Emissionen, die auf Autobahnen anfallen, das sind ungefähr ein Viertel aller vom Verkehr verursachten Emissionen. Die Ergebnisse basieren aber natürlich auf theoretischen Berechnungen, der steigende Anteil von Elektrofahrzeugen kann den Effekt einer Geschwindigkeitsbegrenzung beispielsweise reduzieren. Bei Elektroautos sieht die Lage allerdings sowieso anders aus, da diese kein Kohlenstoffdioxid ausstoßen - egal bei welcher Geschwindigkeit. Dadurch, dass bei niedrigeren Geschwindigkeiten kürzere Bremswege anfallen, würde allerdings auch weniger Bremsabrieb (also Feinstaub) entstehen - da betrifft wiederum alle Fahrzeuge, egal welcher Antrieb. 

Abgesehen von den Untersuchungen des Umweltbundesamts gibt es wenig aktuelle Studienergebnisse. 


Dementsprechend laut sind die Gegenstimmen: Verkehrsminister Volker Wiesing (FDP) sagte zum Beispiel vor Kurzem, dass durch digitale Verkehrsleitsysteme wesentlich mehr CO2 eingespart werden könnte, als durch ein striktes Tempolimit. Einige ergänzen zudem, dass eine Förderung der Elektromobilität oder Wasserstoffautos oder die Aufnahme des Verkehrssektors in das europäische Emissionshandelssystem effektiver wären. Auch Armin Laschet betonte im Wahlkampf letztes Jahr, dass der Effekt einer Geschwindigkeitsbegrenzung "relativ wenig Auswirkungen auf den CO2-Ausstoß" hätte. Einige bezeichnen die Debatte um ein Tempolimit deswegen auch als Symbolpolitik. Das ist allerdings natürlich eine subjektive Einschätzung. 


Immerhin wäre das Tempolimit ein Werkzeug, durch das sofort und ohne großen finanziellen Aufwand Emissionen eingespart werden können - beides ist extrem wichtig, um effizient gegen den Klimawandel vorzugehen. 

Dazu muss allerdings auch gesagt werden, dass es auch Expert*innen gibt, die davon ausgehen, dass ein Tempolimit hohe volkswirtschaftliche Kosten mit sich bringen würde (zum Beispiel durch den entstehenden Zeitverlust) und es deswegen indirekt doch zu finanzielle einem Aufwand kommen könnte. Andere Expert*innen revidieren diese Aussagen zwar wiederum, aber auch dazu fehlt bisher eine ausreichende Faktenlage. Menschen, die gegen ein generelles Tempolimit sind, betonen außerdem, dass es deutlich mehr Überwachung und höhere Strafen bräuchte, um dieses in der Realität auch durchzusetzen. Bei einer Begrenzung von 130 km/h wäre es allerdings auch schon ein Erfolg, wenn Menschen dann höchstens 145 km/, statt beispielwiese zuvor 160 km/h fahren.

Natürlich wäre das Tempolimit aber nur eine von vielen Stellschrauben und nicht die alleinige Lösung im Kampf gegen die Klimakatastrophe. 


Die Argumente für und gegen ein Tempolimit sind - zumindest mit Blick auf die Klimakrise - schnell ausgetauscht.

Die Debatte ist allerdings vor allem auch ein emotionales Thema, bei dem es um mehr als die Klimakatastrophe geht und außerdem eine, die vermutlich auch in Zukunft immer wieder geführt werden wird. Denn für viele spielt auch das Freiheitsgefühl auf der einen und die mögliche Reduzierung von Unfalltoten auf der anderen Seite eine entscheidende Rolle. Betrachtet man aber nur den Aspekt Klimawandel lässt sich festhalten, dass es zwar einen Effekt gäbe, dieser einigen allerdings zu gering ist, als dass er ein generelles Tempolimit rechtfertigen könnte. An dieser Stelle bräuchte es beidseitig wohl mehr Studien, die auch die Themen E-Mobilität, Emissionshandel und weitere Punkte mit einbezieht. 

Aktuell kann übrigens auf ungefähr 70 Prozent der deutschen Autobahnen unbegrenzt schnell gefahren werden. 

Das geht nur an sehr wenigen weiteren Orten. In Europa gibt es nur eine einzige weitere Region, in der kein Tempolimit besteht und das ist die britische Insel Isle of Man. Eine Autobahn gibt es dort allerdings auch nicht. Weltweit haben außerdem die indischen Bundesstaaten Vanuatu, Pradesh und Uttar und Nepal, Myanmar, Burundi, Bhutan, Haiti, Mauretanien, Somalia und der Libanon kein Tempolimit. Auch über Afghanistan und Nordkorea heißt es oft, dass es dort kein striktes Limit gibt. Im Gegensatz zu Deutschland dürfte das aber bei den meisten dieser Länder daran liegen, dass eine entsprechende Infrastruktur fehlt. 

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