Von starken Jungs und schönen Mädchen

Von starken Jungs und schönen Mädchen

Wie sehr sind Kinder von den klassischen Rollenbildern beeinflusst?

Diese Frage stellt sich Collien Ulmen-Fernandes in ihrer neuen Doku 'No more Boys and Girls', in der sie ein Sozialexperiment an einer Grundschule macht und dadurch auf die Problematik mit bestehenden Gender-Vorurteilen aufmerksam machen möchte.

"Frauen sind für Kochen und Putzen eher geeignet."

So eine Antwort erhält man, wenn man Kinder der zweiten Klasse einer Kölner Grundschule zum Thema Mann/Frau befragt. In unserer Generation gehört es mittlerweile ja schon zur Normalität sich über Gender und Rollenbilder Gedanken zu machen - wie kann es also sein, dass sich genau diese Stereotype so in den Köpfen der Jüngeren festgesetzt haben?

Mit Hilfe einer Genderforscherin, einer Erziehungswissenschaftlerin, eines Gehirnforschers und eines Schulsport-Experten geht Collien Ulmen-Fernandes dieser Frage auf die Spur.

In verschiedenen sozialen Experimenten wird überhaupt erst bewusst, wie extrem die Lage eigentlich ist: nur wenige der Mädchen bezeichnen sich selbst als stark, aber dafür schön und nett. Bei den Jungen würde kein einziger über sich selbst sagen, dass er schön ist, dafür aber schlau und wild.

Auch im Thema Berufe zeichnet sich ein klares Muster ab: die circa Siebenjährigen sollen jeweils eine Person zeichnen, die ein Flugzeug fliegt, Blumenkränze herstellt, Autos repariert und Ballett tanzt. Am Ende kamen ausnahmslos Piloten und KFZ-Mechaniker und Floristinnen beziehungsweise Ballerinen heraus.

"Ich wusste nicht, dass Frauen auch ein Flugzeug fliegen können."

Als Antwort auf dieses Ergebnis lädt die Moderatorin vier Gäst*innen ein: eine Mechanikerin, einen Ballerino, eine Pilotin und einen Floristen, mit denen die Kinder einen Tag verbringen dürfen. Einer der Jungen saß neben einem Mädchen, das gerade Blumen malte und dessen Zeichnung er mit "Iih Blumen, das ist Mädchenkram" kommentierte. Als aber der vollbärtige, große und sehr männlich wirkende Florist zusammen mit den Jungs Kränze bastelt, sind alle begeistert und das Vorurteil Blumen seien nur was für Mädchen ist prompt vergessen.

Bei den Mädchen wird ebenso am bestehenden Bild der Frau gerüttelt: sie nehmen sich die Automechanikerin als Vorbild und eine sagt nach dem Experiment sogar, dass sie jetzt auch Pilotin werden möchte.
"Es sind die Vorbilder, die fehlen!" – Genderforscherin Dr. Stevie Schmiedel


Die Schauspielerin, Moderatorin, Autorin und Model Collien Ulmen-Fernandes beschäftigt sich privat schon länger mit dem Thema.

Eines Tages fällt ihr auf, dass sie ihrer Tochter, anders als ihrem Sohn, keine Spielsachen mit Fernbedienung kauft – und das obwohl sie eigentlich nichts von stereotypen Rollenbildern hält. Bewusst wird ihr diese Tatsache, als sie eine TV-Doku sieht, in der es heißt, dass Mädchen weniger technische Sachen bekommen und deshalb weniger selbstverständlich damit aufwachsen.

Anti-Vorurteils Otter

Seitdem will sie das Thema in die Öffentlichkeit bringen, schreibt ein Kinderbuch, in der die zwei Otter Lotti und Otto anti-stereotype Persönlichkeiten haben (Yeah, Otter!) und drehte eine TV-Doku darüber, alle Folgen findest du hier in der ZDF Mediathek.

Hauptsache gut aussehen

Auch wenn man in die Spielzeug- und Klamottenläden Deutschlands sieht, erkennt man, wie sehr die Kinder von der voreingenommenen Gesellschaft beeinflusst werden: Während die hauptsächlich schwarz, grau oder blauen T-Shirts der Jungs Schriftzüge wie "Legend", oder "I am the future" enthalten, findet man auf der Mädchenmode neben Schmetterlingen, Herzen oder Kussmündern Aussagen wie "Just a Girl with a dream" oder "In Mathe bin ich Deko" – und die Eltern ziehen es ihren Kindern mit Freude an.

Das ganze Thema ist noch so viel komplexer und die Dokumentation dazu definitiv empfehlenswert. Denn auch wenn wir schon im Jahr 2000 balletttanzende Jungs durch Billy Elliot gefeiert haben, in der Gesellschaft ist diese Mentalität leider immer noch nicht angekommen.

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