Wenn man plötzlich nichts mehr sieht

Wenn man plötzlich nichts mehr sieht

Ein Mann, der mit 22 Jahren blind geworden ist

Die meisten von uns gehen durch die Welt und sehen, hören, schmecken, riechen und fühlen als wäre es ganz selbstverständlich - ist es aber nicht.

Wir haben mit Bernhard Claus gesprochen, der das am eigenen Körper erleben musste: Mit 22 Jahren hatte er einen Motorradunfall bei dem sein Sehnerv eingequetscht wurde. Seitdem muss er seinen Alltag bestreiten, ohne etwas sehen zu können.

Das heißt aber nicht, dass Bernhard damit seine Lebensfreude verloren hat. Er hat uns erzählt, dass es ganz viele Möglichkeiten gibt wie Turnsport oder Fußball. Er selbst fährt am liebsten Ski oder geht joggen. Natürlich braucht er dabei immer jemanden der ihm zuruft, wo die Piste endet und beim Joggen ist er durch ein Band mit einem sehenden Menschen über ein Seil verbunden. Man müsse sich aufeinander einspielen, klar, aber irgendwann ist es anscheinend ganz so, als würde man alleine laufen.

Wie bietet man am besten Hilfe an?

Bernhard Claus empfiehlt zu fragen, ob man helfen darf - und weniger ob man helfen kann. Wenn die Hilfe dann abgelehnt wird, sollte man nicht sauer sein, denn in den allermeisten Situationen kommen blinde Menschen allein zu Recht. Trotzdem freut sich Bernhard prinzipiell über das Anbieten zum Helfen, ist ja schließlich gut gemeint. Was er dann eher weniger versteht ist, wenn auf ein ernst gemeintes "Danke, ich komme schon klar" ein beleidigtes "Undankbar!" oder ein schnippisches "Dann eben nicht, wollt ja nur helfen" folgt.

Dennoch gibt es Situationen, in denen sich Bernhard Hilfe wünschen würde

Gerade jetzt im Winter ist es oft schwer, die Wege richtig mit dem Blindenstock zu ertasten, weil überall Schnee liegt und Bordsteinkanten dadurch untergehen. Außerdem hat Bernhard keine Chance, Elektroautos wahrzunehmen und manchmal fährt der Bus einfach vor seiner Nase weg, weil niemand ihm Bescheid sagt, dass er überhaupt angekommen ist. Dann ärgert er sich sehr.
Einen allgemein respektvolleren, beziehungsweise normalen Umgang Sehender gegenüber Blinder würde sich Bernhard wünschen. Das betrifft allein schon das Grüßen im Treppenhaus oder auf der Straße - auch wenn sie einen nicht sehen, kann man trotzdem "Hallo" sagen, wie man's bei jedem anderen Bekannten auch machen würde.
Und eine ganz wichtige Bitte von Bernhard im Namen aller Blinder: Keine Gegenstände wie Taschen und Einkaufswägen auf dem Gehweg stehen lassen.

Der Bayerische Blinden- und Sehbehindertenbund bietet betroffenen Menschen Service und Hilfeleistung an. Das ist toll, aber es gebe noch ganz schön viel zu tun, sagt Bernhard. Es müssen beispielsweise immer noch jede Menge Barrieren im Alltag abgebaut werden.
  • Bernhard Claus über seine Blindheit
    Das Interview zum Nachhören

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