Die Geschichte von Street-Art

Die Geschichte von Street-Art

Wie kam die Kunst von der Straße in die Häuser der Mächtigen dieser Welt?

Von  Viktoria Molnar
Ein Street-Art-Künstler schreddert sein Kunstwerk auf einer Auktion - die Welt ist in Aufruhr. Andere von ihnen sprayen U-Bahnen voll mit ihren Zeichen oder verstecken kleine Verweise auf die Popkultur in den Städten dieser Welt. Street-Art ist populär wie eh und je.

Von der Straße in die Nationalgalerien dieser Welt

Mittlerweile wird sie für horrende Summen in den großen Auktionshäusern dieser Welt versteigert. Das prestigeträchtige Auktionshaus Christie's erstellte im Sommer 2021 sogar einen Sammelguide für potenzielle Käufer*innen. Street-Art wird also kommerzialisiert und einer kleinen ausgewählten Bildungsschicht überlassen. Damit wird ihr das genommen, wofür sie eigentlich steht: Rebellion gegen das System. Die Kunst der Straße soll für alle zugänglich sein und die Künstler*innen wollen die breite Masse erreichen.

Die Geschichte der Street-Art ist genauso simpel wie komplex. Aber eins ist sicher: Der Protest spielt hier eine große Rolle. 


So genau kann man den Ursprungsort der Street-Art nicht benennen, eigentlich begann die Entstehung an mehreren Orten gleichzeitig. In Brasilien waren es beispielsweise die Pichaçãos, zu deutsch: Graffiti. Die Wandzeichen tauchten auf, als Protestbewegung gegen die Militärdiktatur in den 1960er bis 80er-Jahren. Slogans wurden in kryptischem Stil an Häuserfassaden gesprüht. Doch der Export in die Welt, der lag in der Hand der Stadt, die niemals schläft. New York brachte Graffiti mit dem Hip Hop zusammen und Filme und Bücher über die Szene brachten das Graffiti letztendlich in die Welt. Auch Jean-Michel Basquiat eroberte in den 80ern New Yorks Galerien. Er wurde wiederholt der Graffiti-Szene zugeordnet, widersprach dem aber: "Ich bin kein Teil der Graffiti-Kunst." Wohl aber bediente er sich ihrer Techniken: Sein SAMO-Tag sprayte er an verschiedene Wände New Yorks - als eine Art Anti-Graffiti. Bis heute wird um seine kunsthistorische Einordnung gestritten.
Graffiti und Street-Art kam letztlich (vor allem auch durch die mediale Präsenz) nach Deutschland, genauer gesagt nach Berlin: In den 1970er-Jahren wurde es zum Ausdrucksmittel der Punk und Hip Hop Kultur. 

Als die Graffiti-Kunst ihren Anfang nahm, war das illegale "Verschandeln" von Zügen und Hauswänden schwer geächtet und ist es zum Teil noch heute.

Doch Street-Art ist nicht gleich Graffiti: Der Street-Art Künstler Shepard Fairey benutzt beispielsweise Sticker und Plakate. Wer? Dieser Name ist zwar nicht so bekannt wie der von Banksy beispielsweise, trotzdem hat wahrscheinlich jeder schon mal eines seiner Kunstwerke gesehen - oder sogar getragen. Er ist das Mastermind hinter OBEY Clothing, der Marke mit dem schwarz-weißen Gesicht und dem rot/weißen Schriftzug "Obey". Die Marke ist bekannt für ihre politische und sozialkritische Haltung. Außerdem entwarf Shepard Fairey 2008 das ikonische "HOPE" Plakat für die Wahlkampfkampagne von Barack Obama.

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Banksy als Wendepunkt

Und trotzdem begann die Kommerzialisierung und Popularisierung von Street-Art mit dem wohl bekanntesten unter all den Street-Art Künstle*innen: Banksy. Obwohl der mit seinen Aktionen eigentlich das genaue Gegenteil bewirken will. 2005 wurde das erste Mal ein Druck von Banksy versteigert: Bei dem renommierten Kunsthaus Sothebys. "Mother & Child" übertraf den Schätzpreis um das Doppelte. Es wurde für 6000 Pfund verkauft. Drei Jahre später knackte eines seiner Bilder die Million.

Auch in Deutschland verbreitet das Pseudonym Barbara eine politische Message auf der Straße. Sie oder er gestaltet öffentliche Verbotsschilder, Hinweistafeln oder Werbeplakate um, indem sie die ursprünglichen Schilder überklebt. 

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Politisch wollte Banksy auch bei seinem letzten Coup sein - gegen die Kommerzialisierung seiner Bilder:

Banksy hatte das Bild in einen Rahmen mit einem eingebauten Schredder gesetzt - es sollte vor den Augen der Kaufsüchtigen bei der Auktion 2018 einfach verschwinden. In dem Video auf YouTube zeigt Banksy, wie er den Shredder ausprobiert und schließt ab mit dem Schriftzug:

"In rehearsals it worked every time... "

 
"Yeah, so the artist put the frame on as well. We get that quite often with Banksy, you know. He quite likes the romanticism of, you know, having a very ornate, national gallery-esque frame" - Mitarbeiter des Auktionshauses

Die Aktion war als Kritik am Kunstmarkt geplant, stattdessen macht sie das Kunstwerk noch teurer. "Girl with Balloon" wurde zu "Love in the bin" und wurde für 18,5 Millionen Pfund verkauft. Ob das im Sinne der Street-Art ist, man wage es zu bezweifeln.

Quick and dirty oder einfach nur effektiv?

Die Schablonenkunst war bereits zentral für die Street-Art in Argentinien: Während der Proteste gegen die Militärjunta 1976 bis 1983 musste es schnell gehen, da war das Sprayen mittels vorbereiteter Schablonen (Stencils) besonders effektiv. Nach der Wirtschaftskrise 2001 kam es zu einem erneuten Boom. Heute gibt es in Buenos Aires farbenfrohe Street-Art, die meist von eingeladenen Künstler*innen stammt.

Und auch in London ist die Arbeit mit Stencils verbreitet. Die Millionenmetropole ist eine sehr engmaschig überwachte Stadt, was auch Einfluss auf die Graffiti-Szene hatte: Die Schriftzüge sind oft "quick and dirty" angebracht - viele haben einen fast aggressiven Stil. Im Windschatten der Stencils von Banksy, die 2000 auch der Kunstszene positiv auffielen, kam es zu einer Flut unorigineller Street-Art in East London - von Graffiti-Künstler*innen als "art fags" verspottet.
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