Meinung: Female Empowerment über Instagram

Meinung: Female Empowerment über Instagram

Falschen Feminismus gibt es nicht

Auf Instagram gibt’s im Moment unter den Hashtags #ChallengeAccepted, #WomenSupportWomen und #BlackAndWhiteChallenge eine neue Challenge für mehr gegenseitige Wertschätzung und Unterstützung für und unter Frauen. Für manche ist das der falsche Weg, Feminismus auszuleben.

Challenge Accepted


Wer durch Instagram scrollt, sieht immer mehr schwarz-weiß Bilder von (prominenten) Frauen und Grund dafür ist eine neue Challenge, auf Deutsch: eine Herausforderung. Frauen fordern sich gegenseitig heraus, ein schönes Selfie von sich selbst zu posten, als Zeichen der Solidarität untereinander. So weit, so zusammenhangslos.

Auslöser könnte die Rede der Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez gewesen sein, nachdem sie vom Republikaner Ted Yoho als "fucking bitch" bezeichnet wurde:

 

Andere Stimmen sagen, der Ursprung der Hashtags fand in der Türkei statt, nachdem Pinar Gültekin von ihrem Freund ermordet wurde. Der Mord löste eine Bewegung aus, die sich gegen den Femizid einsetzt und die Rolle der Frau stärken möchte. Vor allem in Zeiten von Corona sind die Fälle von Gewalt gegen Frauen in der Türkei noch einmal mehr angestiegen. 

Was nun wirklich Auslöser für die Challenge war, weiß im Moment keine*r so wirklich - der Vorwurf, der jetzt aus mancher Ecke kommt, ist dagegen klar: 


Ein feministischer Hashtag wird nur dafür ausgenutzt, um mehr Likes auf ein schönes Foto zu bekommen. Lasset die Hetzjagd beginnen!

Ein feministischer Akt in schwarz-weiß 


Wahlweise steht unter den Bildern der Challenge dann irgendein bewegendes Zitat oder ein riesen Dank an die inspirierenden Frauen, die man kennt. Zum Beispiel so:



Victoria Beckham lässt es sich nicht nehmen, sogar ihre neunjährige Tochter als Teil der Challenge zu inszenieren – aber es kann bezweifelt werden, dass die kleine Harper offiziell von ihrer Mami nominiert wurde.

Auch Khole Kardashian nimmt die Challenge an und postet ein Selfie:


Sie erinnert all ihre Queens, mehr Liebe untereinander zu verteilen. Also hauptsächlich untereinander, in der Kommentarfunktion der Fotos. Und das ist manchen eben zu wenig.

Aber nur weil die Fotos schwarz-weiß sind müssen wir noch lange nicht anfangen, in schwarz-weiß zu denken - Feminismus ist bunt und hat viele Facetten. Ein Vorwurf, den zum Beispiel The Cut ausspricht, lautet:

"Mostly, this challenge — like so many Instagram challenges, really — is about looking like a snack."

Aber das Feminismus nicht im Gegensatz dazu steht, wie ein Snack auszusehen, ist doch hoffentlich inzwischen in den meisten Köpfen angekommen.

Falscher Feminismus - Gibt's nicht

Manch eine*r fragt sich: Braucht es für die gegenseitigen Komplimente jetzt wirklich eine pseudo-feministische Hashtag-Challenge? Ist das der größte feministische Akt dieser Frauen - ein scharfes Schwarz-Weiß Selfie von sich posten? Und was heißt überhaupt pseudo-feministisch? Gibt es denn die eine, richtige Art des Feminismus oder sollten sich nicht alle Feminist*innen - nun ja - eben wirklich gegenseitig unterstützen? Spoiler Alert: Nein gibt es nicht und ja, sollten sie. 

Die Fotos bekommen Aufmerksamkeit und damit bekommt auch die Forderung nach mehr Unterstützung unter und für Frauen Aufmerksamkeit. Das ist ein enorm wichtiger Punkt, da unter Frauen immer noch viel zu oft Missgunst und Neid herrschen, anstatt dass man sich eben gegenseitig supportet und für eine gemeinsame Sache kämpft: Feminismus.

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Also ein Kampf für Emanzipation, Gleichberechtigung und die Abschaffung von Diskriminierung. Nicht nur für mich, sondern für alle, die davon betroffen sind. 

Ein Hashtag reicht nicht aus, aber es ist ein Anfang


Die Aufmerksamkeit, die so im Internet geschaffen wird, ist super. In einem zweiten Schritt könnte diese Aufmerksamkeit natürlich idealerweise dafür genutzt werden, um auf konkrete Probleme aufmerksam zu machen und zu informieren.

Frauen werden in vielen Ländern der Welt immer noch massiv unterdrückt und leiden unter extremer Gewalt, von Periodenarmut oder der Gender Data Gap haben viele Menschen noch nie etwas gehört und Rollenbilder sind in vielen Köpfen als "normal" verankert.

Es ist aber auch nicht so, als würde Aufklärung auf Instagram bisher nicht stattfinden: 

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[Werbung] Tampons und alle anderen Menstruationsprodukte sollten kostenlos für alle zugänglich sein. Deswegen gibt es jetzt dieses Shirt bei @thenewroseclub [www.thenewrose.com]. Wer menstruiert, kann es sich nicht aussuchen und blutet unweigerlich ca. alle 28 Tage für ungefähr fünf Tage. Für viele menstruierende Personen ist das allmonatlich ein Problem, weil sie keinen Zugang zu entsprechenden Hygieneprodukten haben oder sich diese schlichtweg nicht leisten können. Was ein unsagbarer Alptraum, wenn man menstruiert und sich nicht entsprechend versorgen kann. Auch entstehen an vielen Orten auf der Welt dadaurch ungleiche Strukturen. Während der Periode können und dürfen viele Menschen beispielsweise die Schule nicht besuchen, an religiösen Akten teilhaben oder müssen ganz zuhause bleiben. Es wird Zeit, dass wir diesen Ungleichheit anerkennen, darüber sprechen und aktiv werden. Wenn es uns auch selbst nicht betrifft, sollten wir die Stimmen für andere erheben. 📸 @bastianbochinski

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Es gibt wahnsinnig viele Profile, die auf Instagram aufklären und sich für Gleichberechtigung stark machen. Die Reichweite, die Hashtags im Moment generieren, könnte genutzt werden, um auf Profile und Kampagnen aufmerksam zu machen, die sich dauerhaft stark machen. Das wäre doch genau im Sinne von #WomenSupportWomen. 


Also: Bevor wir Frauen uns jedes Mal, wenn andere Frauen Feminismus anders auslegen und ausleben, gegenseitig zerfleischen und eine virale Hetzjagd starten, sollten wir uns doch vielleicht einfach mal an dieser Challenge ein Beispiel nehmen und uns tatsächlich gegenseitig stärken und helfen. Das Ziel ist doch grundsätzlich klar: Gleichberechtigung für jede*n.

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