Mach den Mund auf! Immer!

Mach den Mund auf! Immer!

Weil Protest eben doch was bringt

Sexistische Werbung gibt es leider noch immer - deswegen ist es umso wichtiger, sowas anzuprangern.

Estrich, der mit einem weiblichen Po beworben wird, "steile Berge, feuchte Täler" als Beschriftung bei einem Bild an einem Männerparkplatz (wtf - wer hat sich das überhaupt ausgedacht?!) oder ein Hostel mit "sexy Preisen", dessen Schriftzug "24h open" auf der Mitte einer Bikini-Hose prangt. Sexistische Werbung ist leider kein reiner Bestandteil aus den 50er Jahren, sondern immer noch präsent. Lidl, immerhin einer der größten Einzelhandelsketten der Welt, dachte sich deshalb vor ein paar Tagen in diesem Stil Produkte bewerben zu können. 

"Loch ist Loch..."

"...Donuts & Bagel schmecken beide. Ob süß oder herzhaft", hieß es in dem Posting auf der Facebook-Seite von Lidl. In dem dazugehörigen Bild war ein Bagel und ein Donut zu sehen - die Überschrift dazu: "Loch ist Loch". Hat natürlich üüüüberhaupt nichts mit sexistischen Lochwitzen von pubertierenden Jugendlichen oder niveaulosen Erwachsenen zu tun. War ja alles ganz lustig gemeint von der Social Media-Abteilung des Konzerns.
So lustig, dass sie nicht mal auf kritische Kommentare geantwortet haben, beziehungsweise viel schlimmer: einfach nur lustige GIFs drunter gepostet haben. Sogar ein Donut von dem der Zuckerguss tropft war dabei.

Für alle also einfach ein großer Spaß?

Eben nicht. Spätestens im 21. Jahrhundert sollte doch die Diskriminierung auf Basis des Geschlechts beendet sein, oder? Und auf konstruktive Kritik sollte verständnisvoll und auf keinen Fall verächtlich reagiert werden. 

Zum Glück gab es aber genügend Nutzer*innen, die dem Unternehmen offen gesagt haben, was sie von diesem Posting halten. Am Sonntagabend löschte Lidl die sexistische Werbung und entschuldigte sich dafür. 


Zu verdanken haben wir das aber vermutlich nicht dem plötzlichen Gedankenblitz, dass es keine gute Idee ist, alle Frauen pauschal auf das Geschlechtsteil zu reduzieren. Der eigentliche Grund ist: Viele Menschen haben den Mund gegen Sexismus aufgemacht und digital protestiert. Sie waren also erfolgreich, ein internationales Unternehmen in die Schranken zu weisen.

Werberat eingeschaltet

Parallel dazu wurde auch der deutsche Werberat eingeschaltet. Diese Selbstkontrollinstanz will, dass Regeln, die nicht juristisch im Gesetzestext verankert sind, trotzdem eingehalten werden. Dazu zählen unter anderem Anstand, Moral und soziale Verantwortung. Jede*r kann Beschwerde beim Werberat einlegen. Dies ist nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa in diesem Falle auch passiert. Der Werberat habe deshalb ein Beschwerdeverfahren eröffnet und werde Lidl zur Stellungnahme auffordern. Der Supermarkt selbst habe sich bisher, von dem Entschuldigungspost abgesehen, allerdings noch nicht weiter geäußert.

Kein Gesetz gegen sexistische Werbung

"Geschlechterdiskrimierende Werbung" ist der größte Teil der Beschwerden, die bei der Selbstkontrollinstanz landen. Mit dem Bild hat Lidl dennoch gegen kein Gesetz verstoßen. Denn Paragraphen gegen sexistische Werbung gibt es nicht. Die Initiative Pinkstinks forderte deshalb bereits 2017 ein Gesetz gegen sexistische Werbung. Über 11.000 Menschen unterzeichnete eine entsprechende Online-Petition, geändert hat das allerdings nichts. Bis sexistische Werbung auch juristisch verboten ist wird es wohl noch lange dauern.

Protestiert gegen Sexismus!

Ende gut, alles gut? Nein. Die Entschuldigung des Discounters kam spät - zu spät. Und vor allem ist sie nicht glaubhaft. Wer völlig enthemmt Sexismus zelebriert kann nicht kurz darauf besonnen und bedauernd sein. Dennoch hat der Protest das Löschen des Postings erreichen können. Durch zahlreiche Medienberichte darüber gab es auch viel Aufmerksamkeit für den Supermarkt. Nicht zu vergessen: Auch negative Werbung ist Werbung. Da liegt es jetzt am eigenen Menschenverstand, nicht gleich für ein paar Bagel oder Donuts zum Lidl zu rennen - die vom Becker schmecken eh besser.

Langfristiges Ziel muss daher sein, das sexistische Werbung, Bilder und Sprüche gar nicht erst veröffentlicht werden.

Zunächst, indem jede*r den Mund bei diesem Thema aufmacht. Und irgendwann dann durch gesunde moralische Einstellungen, die hoffentlich auch bald in Social Media-Abteilungen und Werbeagenturen einkehren werden.

Design ❤ Agentur zwetschke