Guter Sex…?

Guter Sex…?

Über Edging, Konsens, Selbstreflexion & Slutshaming

Von  Auri
Was macht guten Sex aus? Darüber spricht Auri ausführlich mit Jovana Reisinger.

Salut Sex! Folge #07

Jovana Reisinger schreibt über und gegen das Patriachat, über Körperideale, Scham und was das mit unserem Sex macht. Auri spricht mit ihr über ihren Roman “Enjoy Schatz” und darüber, wie wir aus schlechtem Sex guten Sex machen können.

Buchtipp

  • Guter Sex…?
    Über Orgasmen, Edging und Konsens

Wie aus schlechtem Sex guter Sex werden kann

Die meisten von uns hatten ihn schonmal: den schlechten Sex. Den, wo der Vibe nicht gestimmt hat, der mehr Performance war, als wirklich sinnlich und wo wir uns nicht getraut haben, zu sagen, was wir eigentlich gerade wollen. In dieser Folge geht es genau darum: um diesen schlechten Sex und wie wir aus ihm guten Sex machen können.

Sex-Talk mit Jovana Reisinger 

Dafür spreche ich in dieser Folge mit der feministischen Künstlerin, Filmemacherin und Schriftstellerin Jovana Reisinger. In ihrer Kunst und in ihren Romanen beschäftigt sie sich Sex, Scham, Körperidealen, kritisiert das Patriachat und die Rollen die es uns zuschreibt. 

Guter Sex beginnt mit einem selbst

Für guten Sex ist es wichtig, sich zuerst mal Gedanken darüber zu machen: Auf was stehe ich denn wirklich? Das klingt jetzt banal - aber ich glaube, das ist ein ganz schöner Batzen Reflektionsarbeit: Bin ich wirklich gerne so passiv und devot oder denke ich, dass ich so sein muss, weil Pornos das mir, einer cis Frau, sagen? Muss Sex wirklich immer in der Penetration enden? Oder gibt es eigentlich andere Sachen, die mich in Ekstase bringen? Wie wurde ich sexuell sozialisiert? 

Sex in Pornos ist zu eng gedacht

Blow-Job, Penis rein, raus, fertig. Das ist so der Standard-Hetero-Sex, der uns oft in Pornos verkauft wird. Und auch in unseren Betten oft so stattfindet. Daran ist ja auch nichts falsch, solange das alle beteiligten Personen geil finden. Es stellt sich nur die Frage: Ist unser Verständnis von Sex durch unsere sexuelle Sozialisierung vielleicht doch ein bisschen zu eng gefasst? Wir wissen, dass der Sex aus Pornos nicht realistisch ist und doch spielen wir ihn oft nach. 

Fehlen uns andere sexuelle Vorbilder abseits des Pornos?

Fehlen uns die Vorbilder? Ja, meint Jovana Reisinger. Sie ist Filmemacherin, Künstlerin und Schriftstellerin. Sie schreibt über Sex aus der weiblichen Perspektive, über das Über-Sex-Schreiben und über Slushaming. Das tut sie zum Beispiel in ihrem aktuellen Buch Enjoy Schatz

Es ist wichtig, dass über Sex geschrieben wird.

Damit es die Vorstellung von Sex erweitert, als Alternative zu Pornos. Noch besser, wenn auch Frauen über Sex schreiben und ihre Perspektive einbringen. In ihrem Buch Enjoy Schatz schreibt Jovana Reisinger:

"Ich konnte früher einen Schwanz befriedigen, als ich noch überhaupt wusste, wie eine Klitoris aussieht. Ich sehe wesentlich häufiger Brüste und Busen in Filmen als nackte Penisse." - Jovana Reisinger

Damit spricht sie vielen Millennials aus der Seele. 

"Das ist auch die Rückmeldung, die ich oft bekomme. (...) Es geht im heterosexuellen Kontext ganz stark um die Bedürfnisbefriedigung des Mannes. Wenn der kommt, ist dann auch der Sexakt vorbei… Auch die Struktur zwischen Vorspiel, Penetration und dann wird noch maximal gekuschelt… Das ist eine völlig interessante Annahme, dass das Sex sein könnte." - Jovana Reisinger

Jovana erzählt, dass auch sie genau mit solchen Vorstellungen von Sex aufgewachsen sei. Sie hätten auch heimlich geübt, wie man einen Penis befriedigen könne. Und sie hätte lange nicht gewusst, wie so eine Klitotir wirklich aussehe und wie sie funktioniere. Was der Unterschied zwischen Vagina und Vulva sei… Heutzutage tue sich da zum Glück schon echt viel. 

Heute sei die sexuelle Erziehung zum Glück besser geworden 

Die Kids seien heute ganz anders aufgeklärt, so Jovana Reisinger. Zum Glück. Trotzdem gäbe es einiges an Nachholbedarf. Und man muss das mit dem Konsens auch üben. Vielen fällt es vielleicht auch schwer, die eigenen sexuellen Wünsche wirklich bei dem*der Partner:in anzubringen. Da haben einige vielleicht Hemmungen. Und auch Angst, die Stimmung zu "versauen". 

Für Jovana Reisinger ist klar: Konsens ist hot. 

"Ich finde es ultra hot, wenn es konsensuellen Sex gibt. Wenn Leute über ihr Begehren sprechen können und darüber, was sie gleich im Bett machen wollen oder überhaupt, wenn man miteinander währenddessen spricht; das finde ich ultra sexy. Es gibt auch Leute die sagen: Aber, wenn ich jetzt alles anspreche und bespreche während dem Sex, würde es den Reiz wegnehmen. I get it und manchmal mag das vielleicht sein, aber diese Verbalisierung von Lust und Begehren macht sehr viel gutes mit dem Sex. Sobald eine Person weiß, wie er*sie zum Orgasmus kommen kann und das ausspricht, ist das einfach in eine sehr gute Richtung” 

Der Killer für guten Sex: die immer gleichen Abläufe

Erst Blowjob, dann lecken, dann Penetration und fertig. Diese Abläufe sollten abgeschafft werden, meint Jovana. Wenn wir das überwunden haben, diesen starren Abläufen zu folgen, dann haben wir schon viel erreicht. 

"Sex ist nicht gleich Penetration. Sex ist so viel mehr als nur Penetration. Auch wildes Rummachen, sich aneinander reiben, sich lecken, sich anfassen, sich kosten, sich gegenseitig vernaschen… Das alles ist auch Sex." - Jovana Reisinger 

Leichter gesagt, als getan

Denn gerade wir Millennials und ältere haben früher die Erfahrung gemacht: Wer offen und ehrlich über Sex redet, wurde eher skeptisch begutachten, verurteilt, wenn nicht sogar als "leicht zu haben" abgestempelt. Stichwort Slutshaming.

"Diese Beschämungsstrategien und das Slutshaming war zu der Zeit, in der wir Teenager waren, schon sehr groß - und ist es leider nach wie vor." - Jovana Reisinger

Auch heute noch werden vor allem Frauen, die offen ihre Wünsche kommunizieren, vor allem wenn das in der Öffentlichkeit stattfindet, angefeindet. 

Slutshaming ist leider immer noch Alltag für viele Frauen

"Eine Frau wie du, ist doch klar, dass die keinen Partner findet, wenn du die ganze Zeit in der Gegend rumbumst" - solche Kommentare bekommt Jovana zuhauf in ihrer Single-Kolumne für die FAZ. "Ich merke immer wieder, wie ich für meine Arbeit verurteilt werde. In erster Linie sind das Usernames, die auf eine männliche Sozialisierung hinweisen. Und die lehnen mich ganz klar ab". Das finde sie schon sehr spannend, so Jovana. 

Die Ablehnung gegen Frauen, die über ihre Meinung schreiben, ist noch sehr groß

In ihrer Single-Kolumne für die FAZ schrieb Jovana neulich, dass sie ab jetzt nur noch Männer date, die gegen HPV geimpft sind und in Therapie waren und / oder sind. "Auf den Websites wurde ich in den Kommentaren von den Usern zerstört", sagt die Autorin. Das zeige ihr, wie sehr selbstbestimmte Frauen immer noch eine Gefahr darstellen und eingeschränkt werden. 

Dabei hätten nicht nur Frauen etwas davon, wenn es Slushaming nicht mehr geben würde

Das Patriarchat und seine Idee davon, wie wir uns zu verhalten haben und wie unsere Körper zu sein hätten, benachteiligt nicht nur weiblich gelesene Personen - sondern alle, meint Jovana. 

"Auch Männern wird in unserer Gesellschaft Druck gemacht: sie müssen performen, müssen einen riesigen Penis haben, da geht's um Leistung, um Dauer, um Behauptung. Und auch das führt zu schlechtem Sex, weil es einschränkt." - Jovana Reisinger



Was denkst du?

Welche Erfahrungen hast du schon mit gutem oder schlechtem Sex gemacht? Was macht er für dich aus? Schreib uns dazu gerne eine Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder eine WhatsApp an die 089 360 550 460.



Salut Sex! Liebesgrüße aus der Tabuzone gibt es alle zwei Wochen dienstags auf egoFM und überall, wo es Podcasts gibt.

Die nächste Episode erscheint am 25. Juli 2023. In der Folge geht es um guten Consent Calling.

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