Bakar: Halo

Bakar: Halo

Das Album der Woche

Von  Vitus Aumann
Der Genresprenger zieht uns ins sommerliche London und man braucht nicht mal einen gültigen Reisepass dafür.

Egal, wie gut es auch läuft: Das Leben kann manchmal echt unfair sein.

Es ist eh schon schwer genug, einen richtigen Hit zu schreiben. Wenn ihn dann auch noch viel zu wenige Leute hören, ist das besonders bitter. Bakar hat es da so halb erwischt: Sein Song "Hell N Back" machte zwar seinen Ruf als Szenewunderkind perfekt, richtig durch die Decke ging es aber erst vier Jahre später.

Immerhin kommt der Hype genau zur richtigen Zeit

Denn Bakar hat gerade sein zweites Album rausgehauen – und in Halo kann man sich gerne auch sofort verlieben.


London Calling

Wenn man die Musik von Bakar beschreibt, klingt alles erst mal furchtbar kompliziert und verkopft. Egal, ob Hip-Hop mit Indierock Einschlag, Lo-Fi R&B, Neo Soul mit kratzigen Gitarren – das mag Bakar zwar alles abdecken, aber seine Songs klingen trotzdem nicht wie zusammengewürfelte Marketingpitches, um in möglichst vielen Playlisten zu landen. Alles klingt organisch, intuitiv und auf fast schon unverschämte Weise lässig.

Bakar zählt wie Arlo Parks oder Genesis Owusu zu der Sorte Mensch, die ohne Mühe alle Genreschubladen aufbrechen und alles wieder zu etwas völlig neuem zusammenschweißen kann.

Natürlich liegt diese Liebe zum Stilbruch auch an Bakars Heimat

Mitten in Camden kommt man eben mit allem zwischen Lo-Fi Punk und Grime in Kontakt. Nur folgerichtig, dass mit Little Sims ein echtes Londoner Original die Platte eröffnen darf, bevor Bakar dann auf "OneInOneOut" in einem schrammeligen Blues sein Leben prokrastiniert. Im Vergleich zu seinem Debütalbum setzt Bakar dieses Mal deutlich mehr auf Gitarrensound. Abwechslung kommt trotzdem nie zu kurz: Zu Songs wie "Alive!" und "All Night" lässt sich wunderbar durch die Straßen von London laufen, aber dazwischen tauchen Songs wie "Facts_Situations" auf, zu denen man gedankenverloren den Tag rekapitulieren kann. Denn auch wenn Bakars Stimme immer diese gewisse Lässigkeit ausstrahlt, hat er keine Hemmungen, Texte über zerfetzenden Liebeskummer zu schreiben, oder auch einfach mal zuzugeben, dass er nicht wirklich weiß, wo sein Leben und seine Karriere hingehen sollen.


Einmal Hölle und zurück

Halo ist aber nicht nur eine weitere Stufe auf Bakars Treppe zum Ruhm: Es ist auch eine kleine Versöhnung mit der Vergangenheit – und seinem großen Hit. Denn die letzten Jahre hat der Sänger eine ziemlich komplizierte Beziehung zu "Hell N Back" entwickelt. Manchmal gab sogar Kommentare auf der Bühne, wie wenig er den Song doch ausstehen könne. Aber Halo zeigt, dass er sich mittlerweile mit seinem großen Hit versöhnt hat – denn er hängt ihn in neuer Variante mit Gastauftritt von Summer Walker einfach noch mal an den Schluss, wo er sich mit seinem sommerlichen Gefühl auch perfekt einfügt.

Halo ist die perfekte Platte, um den Herbst zumindest akustisch noch ein kleines bisschen sonniger zu gestalten – und wer noch nicht ganz überzeugt ist, sollte allerspätestens in vier Jahren nochmal reinhören.


Tracklist: Bakar - Halo

  1. OneIneOneOut
  2. Alive!
  3. Facts_Situations
  4. All Night
  5. Selling Biscuits
  6. I'm Done
  7. Right Here, For Now
  8. Hate The Sun
  9. Invisible
  10. To Open My Heart
  11. Hell N Back (feat. Summer Walker)

Halo von Bakar erscheint am 22. September 2023 via Black Butter Limited

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