Little Simz: NO THANK YOU

Little Simz: NO THANK YOU

Das Album der Woche

Von  Vitus Aumann
Die Musikindustrie muss aufräumen – Little Simz zeigt warum.

Es hätte das große Comeback werden können – für alle.

Der Virus war im Jahr 2022 mehr oder weniger unter Kontrolle, man konnte sich wieder zusammen drinnen aufhalten und Konzerte waren kein weit entfernter Traum mehr: Endlich konnten Künstler*innen wieder auf die Bühne und sich zurecht feiern lassen – oder etwa doch nicht?

Ziemlich schnell kam nämlich die ziemlich miese Realität um die Ecke: Man musste sich mit dramatisch gestiegenen Tourkosten rumschlagen und das Publikum ging zwischen allen längst ausverkauften Riesenshows noch eher zögerlich an die Ticketkassen.

Natürlich hat Corona die Branche durcheinandergewürfelt – aber das heißt nicht, dass nach der Pandemie automatisch alles wieder gut ist. Genau das zeigt Little Simz auf NO THANK YOU.


 

Überraschungsepilog

Ohne große Ankündigung hat die Rapperin diese Platte rausgehauen, gerade Mal ein gutes Jahr nach ihrem Meisterwerk Sometimes I Might Be Introvert, dass ihr den Mercury Prize und überschwängliche, aber enorm verdiente Lobhudeleien eingebracht hat. Und wer sich an den groß arrangierten Orchestersound gewöhnt hat, wird erst mal überrascht: "Angel" schleicht sich mit Laid Back Groove und sanftem Synthieriff in die Ohren. Auf NO THANK YOU lässt sich Little Simz häufiger von dem einen subtileren Sound begleiten: "Who Even Cares" liefert smoothe, leicht melancholische RnB Klänge und dazu noch die Stimme der alten Weggefährtin Cleo Soul.

Ganz vom Orchestralen hat sich Little Simz dann aber doch nicht verabschiedet: "Gorilla" beginnt in bester SIMBI Tradition mit brüllenden Bläsersätzen, und auch in den ruhigeren Abschnitten der Platte dürfen filmreife Streicher noch das gewisse Etwas beisteuern.

Im Fokus steht jedoch immer die Stimme von Little Simz – denn es gibt viel zu sagen.


 

Engel und Dämonen

Schon so ziemlich die ersten Textzeilen machen klar, worum sich NO THANK YOU dreht:
'They sell you a dream and then want you to glorify / Got a rude awakenin' by ignorin' up all the signs'
 
Der Traumjob Rapstar bekommt auf der Platte einen ordentlichen Dämpfer. Immer wieder finden sich Spitzen gegen die Musikindustrie, die Little Simz zwar groß gemacht, aber währenddessen auch ausgelaugt hat. Während die Instrumentals also meist eher sanft bleiben, ziehen die Lyrics in die andere Richtung.

In ihren Textzeilen finden sich Paranoia, der ständige Kampf zwischen Kreativität und kommerziellem Erfolg und Sorgen um das mentale Wohlbefinden. Little Simz gibt hier den Künstler*innen eine Stimme, die sich aufopfern, um Menschen zu begeistern, aber kaum etwas dafür zurückbekommen.

Die Rapperin blickt immer wieder auf die eigene Karriere zurück, zitiert sich selbst und prangert trotzig Missstände an. Man hört viel Frust - aber eben auch ein gigantisches Selbstbewusstsein. Denn NO THANK YOU ist keine reine Anklage gegen die Musikindustrie, sondern auch ein Zeichen, dass es trotz allem Grund zur Hoffnung gibt

Denn trotz aller Strapazen steht Little Simz immer noch am Mikrofon und liefert mit NO THANK YOU mal so eben den nächsten Meilenstein ihrer Karriere ab.

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Tracklist: Little Simz - NO THANK YOU

  1. Angel
  2. Gorilla
  3. Silhouette
  4. No Merci
  5. X
  6. Heart on Fire
  7. Broken
  8. Sideways
  9. Who Even Cares
  10. Control

NO THANK YOU von Little Simz wurde am 1. Dezember 2022 via Forever Living Originals veröffentlicht.

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