Andere Länder, andere Schulsysteme

Andere Länder, andere Schulsysteme

Wie es in Klassenzimmern auf der ganzen Welt zugeht

Was können wir noch von anderen lernen?

In Deutschland sind Bildungserfolg und sozialer Hintergrund eng miteinander verknüpft. In anderen Ländern, vor allem im skandinavischen Raum, ist das nicht so.

Wir haben die Bildungssysteme verschiedener Länder miteinander verglichen.

PISA

Die Veröffentlichung der PISA-Studie der OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) gibt alle drei Jahre einen Überblick über die schulischen Leistungen der verschiedenen Länder in den Bereichen Lesekompetenz, Mathematik und Naturwissenschaften.



Die Hauptergebnisse der PISA-Studie 2018 findest du hier.



Wir haben uns mal die Schulsysteme einiger Länder genauer angeschaut, die in dieser Studie regelmäßig besser abschneiden als Deutschland.



Schweden: Gleiche Chancen für alle


Chancengleichheit ist der oberste Wert an schwedischen Schulen. Außerdem soll kein Kind zurückgelassen werden und die Schulen sind sehr selbstständig was schulische Arbeit, Einstellung von Lehrkräften und die Ausgestaltung der Stundenpläne betrifft.

Die neunjährige Grundschule ist Pflicht, alles davor und danach ist freiwillig. Kostenfreie Ganztagsschulen und viel Fachpersonal wie Köche*innen, Bibliothekar*innen, Psycholog*innen, Freizeitpädagog*innen, Sozialarbeiter*innen und Schulkrankenpfleger*innen zeichnet die Schulen in Schweden aus. Schulnoten gibt es erst ab der sechsten Klasse. Die Stärken der Schüler*innen werden betont und Teamarbeit steht sowohl bei den Schüler*innen, als auch bei den Lehrkräften im Mittelpunkt. 

Finnland: Kinder sind mehr als ihre akademische Leistung

Alle Schulen in Finnland werden finanziell unterstützt, um Bildung für alle Kinder zu gewährleisten. Außerdem steht das Kind als Persönlichkeit im Mittelpunkt und nicht nur dessen akademische Leistungen. Finnische Lehrkräfte arbeiten eng zusammen und tauschen sich über Unterrichtsmethoden aus. Es gibt viele Pausen und wenig Hausaufgaben, damit mehr Zeit bleibt, sich mit Freunden zu treffen und Hobbies nach zu gehen.

Dänemark: Kinder werden zu kritischen Bürger*innen erzogen

In Dänemark sind Kinder ab dem siebten Lebensjahr bis zur 9. Klasse unterrichtspflichtig. Die Vorschulklasse und das zehnte Schuljahr sind freiwillig. Neben den üblichen Fächern wie zum Beispiel Mathe, Englisch und Bio liegt der Schwerpunkt vor allem auch auf Wirtschaftslehre, Gesundheits-und Sexualkundeunterricht, Familienkunde, Ausbildungs-, Erwerbs- und Arbeitsmarktorientierung. Außerdem sollen IT und internationale Aspekte in allen Fächern mit einbezogen werden. 

Die Kinder sollen zu Bürger*innen einer demokratischen Gesellschaft erzogen werden und ihnen soll vermittelt werden, Dinge kritisch zu betrachten und zu hinterfragen. 

Estland: Gleiche Voraussetzungen von Anfang an

Damit die Kinder schon vor der Einschulung über ein ähnliches Vorwissen verfügen, gibt es für alle Fünf- und Sechsjährigen ein verpflichtendes Schulvorbereitungsprogramm. Außerdem gibt es an jeder Schule eine*n Verantwortliche*n, der*die sich um die Bedürfnisse von Schüler*innen mit Behinderung kümmert. 

Bis zur neunten Klasse werden die Schüler*innen gemeinsam unterrichtet, erst danach müssen sie entscheiden, ob und auf welche weiterführende Schule sie gehen. In diesen neun Jahren ist das Mittagessen in der Schule kostenlos, ebenso wie die Schulbücher, der Schulbus und Freizeit- und Lernangebote am Nachmittag. Wer aufs Gymnasium will, darf das in der Regel - auch wenn die Noten nicht so gut sind. 

Irland: Ein Orientierungsjahr zur Interessenfindung

In Irland gibt es keine allgemeine Schulpflicht, das heißt Homeschooling ist prinzipiell möglich - wird allerdings von den Ir*innen weniger wertgeschätzt. Mit sechs oder sieben Jahren beginnt die Grundschule, die bis zur sechsten Klasse geht. Danach wählen die Schüler*innen eine von drei weiterführenden Schulformen.

Das vierte Jahr an dieser weiterführenden Schule ist das Transition Year. In diesem Orientierungsjahr sollen die Schüler*innen neue Schulfächer testen, erste praktische Joberfahrungen sammeln und die persönliche und soziale Entwicklung fördern. Am Ende von dieser Zeit sollten die Schüler*innen dann dazu in der Lage sein, eine ihren Interessen entsprechende Wahl der Schulfächer für die Abschlussjahre treffen können. 

Neuseeland: Wahl der Fächer nach eigenem Berufswunsch

Bereits im Alter von null Jahren beginnt in Neuseeland das Early Learning. Unter Einbeziehung der Eltern soll in sogenannten Pre-School-Einrichtungen ein kindgerechtes Lernen ermöglicht werden. Mit 5 Jahren werden die Kinder dann meist schon eingeschult, die Schulpflicht besteht von sechs bis 16 Jahren. In jedem Block eines Schuljahres (das sind insgesamt vier) können die Schüler*innen ihre Fächer wechseln und nach dem eigenen Berufswunsch ausrichten.

Die Fächerauswahl ist sehr bunt und reicht von Elektrotechnik und Fotografie über Bootsbau und Landwirtschaft, bis hin zu Ernährung und Kochen. 

Australien: Große Auswahl an Sprachen, Sport, Kunst und Musik

Mit fünf Jahren absolvieren die Kinder ein Vorschuljahr. Danach gehen sie bis zur 6. Klasse in die Grundschule, anschließend folg die Secundary School. Diese sind in Australien Gesamtschulen - eine Unterteilung gibt es lediglich in private und staatliche Einrichtungen. Schulen in Australien sind grundsätzlich kostenpflichtig, die privaten Schulen sind in der Regel aber ein Stück teurer als die staatlichen. 

In der Secondary School kann aus über 50 verschiedenen Fächern gewählt werden, zum Beispiel Jura, Psychologie, Informatik, Graphik Design oder Theater. Außerdem werden viele verschiedene Aktivitäten wie Musik, Ballett, Drama, Flugwesen, Informatik oder Sport angeboten.

Kanada: Herkunft spielt kaum eine Rolle für den Bildungserfolg

Das Schulsystem Kanadas gilt als eines der stärksten der Welt. Die ethnische und sozioökonomische Herkunft der Schüler*innen spielt für den Schulerfolg kaum eine Rolle. Computerlabore, großzügige Sportanlagen, ein umfangreiches Angebot an musischen und sportlichen Aktivitäten gehören an vielen Schulen zum Standard. Außerdem wird in Kanada wird nicht in fester Klassenstruktur, sondern in Kursen unterrichtet. 

Japan: Elitenbildung steht im Mittelpunkt

Auch das Bildungssystem in Japan zeichnet große Erfolge. Das System mit sechs Jahren Grundschule und je drei Jahren an der Mittel- und Oberschule ist extrem auf Elitenbildung ausgelegt. Viele Schulen besitzen strenge Regeln, wie zum Beispiel dass alle gerade stehen müssen und auf keinen Fall Dinge vergessen werden dürfen.

Der Erfolg in den PISA-Studien kann aber nicht unreflektiert betrachtet werden: Die Schüler*innen verspüren oft einen enormen Druck und besonders unter jungen Menschen ist die Selbstmordrate sehr hoch.

Südkorea: Bildung als Schlüssel für gesellschaftlichen Aufstieg

Wie in vielen ostasiatischen Ländern gilt auch in Südkorea Bildung als Schlüssel zum gesellschaftlichen Aufstieg. Das Schulsystem gliedert sich in sechs Jahre Grundschule, drei Jahre Mittelschule sowie drei Jahre High School. Dank eines guten Bildungssystems und des hohen Stellenwertes der Bildung innerhalb der koreanischen Gesellschaft, gibt es in Korea auf praktisch allen Gebieten gut ausgebildete Menschen. Allerdings entstehen den Familien massive Kosten, wenn es um außerschulische Bildung geht.

China: Disziplin, Konkurrenz und Leistung

Das fordernde und extrem kompetitive Schulsystem Chinas ist sehr erfolgreich. In China hat sich ein Schulsystem, das in sechs Jahre Volksschule und sechs Jahre Mittelschule gegliedert ist, durchgesetzt. Die Mittelschule ist in zweimal drei Jahre unterteilt, wobei die letzten drei Jahre freiwillig sind.

Eine wichtige Rolle spielen auch Kindergärten, Vorschulen und außerschulische Aktivitäten, in denen der Leistungsgedanke oft eine große Rolle spielt. Grundsätzlich gilt vor allem in besseren Schulen, dass die Lernkultur des kollektivistischen Chinas stark auf Disziplin, Konkurrenz und Leistung aufgebaut ist und neben Mathematik, Sprache, Naturwissenschaft und "patriotischer Erziehung" nur wenig Platz für Fächer wie Sport und Musik ist.

Zu beachten bei den Ergebnissen für China ist außerdem, dass persönliche Anstrengungen und Ängste von Eltern, die mit der Sorge um die Ausbildung der Kinder verbunden sind, traumatisierend wirken und bis zu physischer Gewalt gehen können, in Studien nicht mit einbezogen werden.

Island: Isländische Kinder leben Gleichberechtigung

Zwischen drei und sechs Jahren haben die Kinder in Island die Möglichkeit, eine Vorschule zu besuchen. Die Grundschule besteht aus der Primarstufe (1.-7. Klasse) und der Sekundarstufe (8.-10. Klasse). Die Isländischen Schüler*innen schneiden zwar nicht besser ab in den PISA-Studien, haben aber einen anderen enormen Vorteil: Vom Kindergarten bis zur Uni wird Gleichberechtigung gelehrt und praktiziert. Es geht darum, Stereotype zu erkennen und zu analysieren. Und das mit großem Erfolg: im aktuellen Global Gender Gap Report 2020 belegt Island Platz 1 (Deutschland ist auf Platz 10). 



Einen wichtigen Einfluss auf die Schulleistungen hat vor allem die Bedeutung, die ein Land der Bildung beimisst.

Auch wie viel Geld für Bildung ausgegeben wird, welches Image der Beruf der Lehrer*innen hat und welchen Einfluss ethnische und soziale Herkunft auf die Bildungschancen der Kinder haben, entscheidet über den schulischen Erfolg.

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