V wie Verbote

V wie Verbote

egos4future - Von A bis Z

Jeder Buchstabe ein Thema: Wir fassen die Basics zu Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit zusammen. Diese Woche: V wie Verbote.

Um Klimaneutralität zu erreichen und den Klimawandel zu stoppen, müssen die CO2-Emissionen schnell und effizient gesenkt werden, aktuell erreichen wir allerdings regelmäßig neue CO2-Höchstwerte. Dass sich also etwas ändern muss, ist klar - die Frage ist nur, wie: Mit Verboten oder doch eher mit Anreizen, Alternativen und Aufklärung? 

Das spricht für Verbote:

Man könnte meinen, wir sind auf einem guten Weg, immerhin hat Deutschland konkrete Klimaziele und auch auf EU-Ebene existiert ein Klimaschutz-Paket. Das Problem ist aber, dass wir diese Ziele mit dem aktuellen Kurs nicht erreichen. Konkret heißt das: Im Moment steuern wir auf eine Erderwärmung von 3 Grad zu, obwohl der Weltklimarat IPCC bereits ab einer Erderwärmung von 1,5 Grad vor irreversiblen und unkontrollierbaren Folgen warnt, mehr dazu findest du hier. Und das bedeutet für einige eben auch, dass der Zeitpunkt für Diskussionen und langsame Verhaltensänderungen längst verstrichen ist und uns jetzt nur noch eine Vollbremsung in Form von Verboten helfen kann. Verbote sind für viele also die logische Konsequenz, weil der bisherige Weg - der doch zu großen Teilen auf Freiheit und Selbstverpflichtung setzt - nicht ausreichend gut funktioniert. Denn Ziele sind schön und gut, bringen aber leider nichts, wenn sie unerreicht bleiben. 

Diese Diskrepanz zwischen Zielen und Realität wird auch als Mind-Behavior-Gap beziehungsweise Attitude-Behavior-Gap bezeichnet.

Wir wissen zwar, was zu tun ist (Mind) und wollen das eigentlich auch umsetzen (Attitude), verhalten uns aber trotzdem gegenteilig. Das bedeutet: Wir wissen zum Beispiel, dass Radfahren besser ist als Autofahren, haben uns deswegen auch schon bewusst vorgenommen, öfter mal auf's Rad zu steigen - fahren in der Realität aber trotzdem immer Auto. An dieser Stelle könnte zum Beispiel ein Autoverbot in Innenstädten greifen und zum gewünschten Effekt führen.

Verbote haben also zur Folge, dass sie - zumindest bei entsprechenden Kontrollen und Strafen - wirklich umgesetzt werden müssen und es nicht nur bei leeren Zielen und Versprechungen bleibt. Außerdem treffen Verbote (im Gegensatz zu CO2-Preisen oder ähnlichen Modellen) alle und es kann sich keine*r freikaufen. Allerdings kommen wir an dieser Stelle auch schon zu den Gegenstimmen, die sagen nämlich, dass Verbote keineswegs alle gleich treffen und noch dazu oft am Ziel vorbei schießen.


Das spricht für sanftere Maßnahmen und gegen Verbote:

Schon jetzt fühlen sich einige Bürger*innen und Unternehmen eingeschränkt und sprechen von einer ungerechtfertigten "Verbotspolitik". Es heißt Verbote sind oft nicht zielgenau und werden sowieso umgangen und gesellschaftlich nicht akzeptiert, das Stichwort heißt hier Reaktanz. Als Reaktanz wird in der Psychologie ein Phänomen des Widerstands bezeichnet, zu dem es kommt, wenn sich ein Individuum in seiner Meinungs- und Verhaltensfreiheit bedroht fühlt. Verstärkt wird diese Reaktion wenn die Legitimation für das Verbot (vermeintlich) fehlt. 
Außerdem verlieren sich Verbote oft im Klein-Klein, statt an den wichtigen Stellen zu greifen. Ein Autoverbot in Innenstädten ist beispielsweise natürlich keine Lösung, wenn es an öffentlichen Verkehrsmitteln und geeigneten Radwegen fehlt. Einige sehen deswegen in Anreizen, Alternativen und Aufklärung die Lösung zur Verhaltensänderung, statt in harten ordnungspolitischen Maßnahmen. 

Eine generelle Abneigung gegen Verbote - wenn sie richtig umgesetzt werden - gibt es allerdings nicht: Einer Umfrage der EU-Bank EIB zufolge sind zwei Drittel der Europäer*innen beispielsweise für ein Verbot von Kurzstreckenflügen und für autofreie Zonen. Der Datenreport 2021 der Bpb kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass 65 bis 70 Prozent bereit sind, Abstriche bezüglich des eigenen Lebensstandards in Kauf zu nehmen, wenn es dem Klima nützt.


Wir können festhalten: Es gibt nicht den einen, richtigen Weg. Wer auf Verbote setzt, muss natürlich trotzdem Alternativen und Anreize schaffen und Aufklärung betreiben. Gleichzeitig reicht es aber auch nicht aus, sich über jegliche Verbote aufzuregen, ohne Gegenvorschläge zu bringen, wie der Planet stattdessen gerettet werden kann. Langsam geht uns nämlich die Zeit aus.  

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