Wir verändern den Soundtrack der Meere

Wir verändern den Soundtrack der Meere

Ob in Zukunft zum Guten oder zum Schlechten, liegt in unserer Hand

Der Meeresbiologe Steve Simpson hat in einem TED Talk darüber gesprochen, welchen Einfluss wir Menschen auf die Geräusche unter Wasser haben und wieso das Ökosystem der Meere im Moment so sehr darunter leidet.


Kleine Larven auf der Suche nach einem Zuhause


Fische, die in Korallenriffen leben, legen Eier, aus denen kleine Larven, so groß wie ein Reiskorn, entstehen. Diese Larven sind bereits nach kurzer Zeit mehrere Wochen unterwegs und erkunden das Meer, bis sie sich schlussendlich für ein Korallenriff entscheiden, an dem sie allmählich wachsen und leben wollen.

Aber wie finden und entscheiden sich die reiskorngroßen Larven für das richtige Riff? Manche Fische können riechen, andere können den Sonnenstand erkennen und wieder andere haben einen magnetischen Sinn. Aber ganz viel passiert akustisch:

Unterwasser ist es still? Im Gegenteil!

Wale sind für ihre Walgesänge bekannt, mit denen sie über dutzende von Meilen kommunizieren können und Delfine unterhalten sich über Klicklaute, Pfeifen und andere Geräusche. Aber was viele vielleicht nicht wissen: Auch Fische sprechen miteinander.

Sie produzieren Knall-, Grunz-, Keuch- und Trompetengeräusche und warnen sich damit vor Raubtieren, geben sich gegenseitig Bescheid, wenn sie Futter gefunden haben und versuchen - vor allem in der Brutzeit - andere Fische zu beeindrucken. Und sogar Lebewesen wie Hummer und Garnelen produzieren Unterwasser Laute - Das alles verleiht den Korallenriffen ihre Geräuschkulisse.

Mit diesem Wissen hat sich der Meeresbiologe folgende Frage gestellt:

"Are fish, at this tiny early stage in their life, several weeks old, attracted to coral reef sound?" – Steve Simpson

Damit will Steve Simpson der Frage auf den Grund gehen, wie sich die kleinen Larven für ein Riff als ihr neues Zuhause entscheiden.

Durch einen Versuch mit Unterwasserlautsprechern fand er heraus, dass mit produzierten "Korallen-Geräuschen" mehr als doppelt so viele Fische angelockt werden konnten. Außerdem haben die Forscher*innen die Lautsprecher über Trümmer von alten Korallen gehängt und bemerkt, dass die Fische hinein schwammen, wenn die Geräusche abgespielt wurden.

Nach und nach haben die Biolog*innen herausgefunden, dass sich die verschiedenen Korallenriffe durch ihre Geräusche unterscheiden und dass die einzelnen Geräusche der Riffe bestimmten Schemata folgen - so können die Fische ihre Riffe aussuchen.

"We realize that the fish at sea are doing much what we would do if we were moving to a new city: we'd perhaps get on the internet and do some research into different suburbs that we might want to live in. We think fish can do the same thing by listening to their environment and choosing where they want to live." – Steve Simpson

Und genauso – über die verschiedenen Geräusche im Meer – suchen sich zum Beispiel auch Hummer, Krabben, Austern, Venusmuscheln und sogar Korallen selbst ihren geeignetsten Lebensraum aus.

Den ganzen TED Talk mit akustischen Beispiel-Sounds kannst du dir hier anhören:

 

Unser negativer Einfluss auf die Geräuschkulisse unter Wasser

Im nördlichen Teil des Great Barrier Reefs sind 80 Prozent des Riffs tot und - im Vergleich zu früheren Zeiten - ist das Riff 75 Prozent leiser.

Durch Überfischung und fehlenden Umweltschutz beeinflussen wir die Geräusche unter Wasser. Viele Korallenriffe sind heute still, das bedeutet, ein kleiner Fisch muss direkt in ein Riff hinein schwimmen, um es überhaupt zu finden.

Dazu kommen fremde Geräusche wie die von Motorbooten, die Stress für die Tiere bedeuten, die sie hören. Durch diesen Stress sind Fische zum Beispiel nicht mehr dazu in der Lage, auf Raubtiere zu reagieren, Nahrung zu finden, andere Fische zu umwerben und sich erfolgreich zu vermehren.



Mit dem Wissen darüber, wie wichtig Geräusche Unterwasser sind, könnten wir das Ökosystem der Meere aber auch schützen: Wir können die Motoren von Booten leiser machen und die Schallleistung dieser verbessern, wir können die Boote von Brutgebieten fernhalten und ruhige Nächte für die Fische gewährleisten.

Warum verändern wir den Soundtrack der Meere also nicht wieder zum Positiven, um damit möglicherweise die Wiederherstellung der am stärksten betroffenen Lebensräume unserer Erde zu beschleunigen?

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