Balthazar: Fever

Balthazar: Fever

Der Lieblingstonträger der Woche

Von  Anna Taylor
Neuer Saft im Getriebe, der deutlich hörbar ist: Nach einer kleinen Verschnaufpause präsentieren Balthazar ihr neues gemeinsames Werk.

Da kann man fleißig laufen wie man mag, irgendwann gerät man aber doch unter die zuverlässig vorwärts rollende Walze namens Routine. Das kann nicht nur im Alltag oder im 40 Stunden-Job passieren, genauso trifft es einen auch bei Herzensangelegenheiten, sobald diese eben über einen gewissen Zeitraum einer gewissen Routine unterliegt. Zum Beispiel auch beim kreativen Schaffen - davon können zumindest gerade Balthazar ein paar Songs singen.

Nachdem die Band eigentlich schon seit 2004 munter am Musizieren ist (bis 2006 unter dem Bandnamen Lost and Found) und bis 2015 drei erfolgreichen Alben Applause (2010), Rats (2012) und Thin Walls (2015) veröffentlicht hat, fanden sich die Belgier plötzlich auf einem Laufband mit den Stufen komponieren, aufnehmen, promoten, touren wieder.

Auf dem Weg dorthin sind schon einige Mitglieder unter die Walze geraten: von den Gründungsmitglieder Maarten Devoldere, Jinte Deprez, Patricia Vanneste, Joachim Quartier und Koen Verfaillie sind jetzt, 2019, nur noch Jinte und Maarten übrig geblieben. Der Bassist Quartier und der Schlagzeuger Verfaillie verließen die Band bereits 2007, kurz nach dem Release der ersten, selbstbetitelten EP Balthazar. Simon Casier und Christoph Claeys wurden als Nachfolger eingesetzt - Casier blieb bis heute, Claeys lediglich bis 2014. Michiel Balcaen ersetzte ihn an den Drums. Mit dem Ende der Tour zu Thin Walls traf Balthazar schließlich ein weiterer großer Verlust: Gründungsmitglied, Violonistin und Keyboarderin Patricia Vanneste verließ die Band.

Spielstopp

Die Erschöpfung vom ständigen Produzieren, Raushauen, Präsentieren scheint jeglichen Treibstoff aus dem Schaffensprozess gesogen zu haben. Die Band zog also die Notbremse und so wurde fünf Jahre nach Veröffentlichung des Debütalbums Pause eingelegt.

Drei der vier verbliebenen Balthazars starten damit ihre Soloprojekte.

Maarten Devoldere verwandelte sich zu Warhaus und veröffentlichte zwei Alben: We Fucked A Flame Into Being (2016) und Warhaus (2017). Die Ähnlichkeit zum Balthazar-Sound ist unbestreitbar, wenngleich Devolderes Sound einen Ticken melancholischer und dezent düster ist. Der Balthazar-Bassist Simon Casier machte sich als Zimmerman selbständig und veröffentlichte ebenfalls 2016 das Alum The Afterglow, das von manch einem gerne mit dem Klang von den Strokes verglichen wird. In der gleichen Zeit veröffentlichte Jinte Deprez als J. Bernardt feinen Synth-R'n'B, 2017 erschien schließlich der Longplayer Running Days.

Neustart

Nach fast dreijährigem Soloschaffen fanden Deprez, Devoltere, Casier und Balcaen Anfang 2018 wieder zusammen, um wieder gemeinsam zu musizieren. Der Spirit war wiederbelebt und Ideen für Neues sprudelten nur so aus den Kreativköpfen heraus. Die Erfahrungen der jeweiligen Soloprojekte sind an Thin Walls hier und da zu hören: an "Entertainment" zum Beispiel hört man Casiers Rockgefühl, während "Phone Number" die Melancholie von Warhaus auf Balthazar überträgt und "Changes" die Energie von J. Bernardt transkribiert.

Hinzu kamen neue Klanglieferanten.

Wer die Violinen am allermeisten an Balthazar liebte, wird die Veränderung dahingehend bei Fever kaum verpasst haben. Klassische Streicher spielen keine allzu große Rolle mehr, viel mehr bekommt man jetzt orientalische Alternativen zu hören. Dafür verantwortlich ist der Multiinstrumentalist Tijs Delbeke, der Patrica Vanneste nach ihrem Abgang ersetzt. Außerdem neu: der Produzent Jasper Maelkelberg. Dieser war schon ziemlich vertraut mit der Band - gar ein guter Freund. Außerdem hatte er auch bei dem ein oder anderen Soloprojekt die Fingerchen im Spiel. Dadurch hatte Jasper die nötige Erfahrung, die bombastische Menge neuer Ideen der Bandmitglieder zu ordnen und in Position zu bringen.

Fever klingt damit wie eine Neugeburt Balthazars.

Doch solange Maarten Devoldere und Jinte Deprez ihre markanten Stimmen leihen und Simon Casier prägnante Basslines beisteuert, kann die Band im Hintergrund so viel rumexperimentieren wie nur geht - Balthazar bleibt Balthazar und damit unverwechselbar einzigartig.



Tracklist: Balthazar - Fever

01. Fever
02. Changes
03. Wrong Faces
04. Whatchu Doin'
05. Phone Number
06. Entertainment
07. I'm Never Gonna Let You Down Again
08. Grapefruit
09. Wrong Vibration
10. Roller Coaster
11. You're So Real

Fever von Balthazar wurde am 25. Januar 2019 via Play It Again Sam veröffentlicht.

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