Der Mandela-Effekt

Der Mandela-Effekt

Zwischen Knoten im Hirn und SciFi-Verschwörung

Von  Anne Walzog
"Was, der lebt noch?" Dabei warst du dir doch sooo sicher, dass du irgendwann schon mal einen RIP-Post zu dieser berühmten Person gesehen hast - und zwar schon vor Jahren. Willkommen beim Mandela-Effekt, willkommen in einem Paralleluniversum?




Ist Nelson Mandela der Beweis für Paralleluniversen?

Einige meinen sich genau daran erinnern zu können, dass Nelson Mandela 1985 in Südafrika im Gefängnis verstarb. Schaut man sich im Internet um, sind es nicht nur ein paar, sondern Millionen von Menschen. Die Nation trauerte, seine Frau hielt eine denkwürdige Laudatio, die Nachrichten berichteten über nichts anderes... Logisch - nichts davon ist so passiert.

Mandela kam 1990 aus dem Gefängnis frei, war von 1994 bis 1999 Präsident von Südafrika und starb dann 2013.

Trotzdem - viele Menschen schwören weiter, dass er bereits in den 80ern im Gefängnis verstarb, und geben diesem seltsamen Phänomen damit seinem Namen: Mandela-Effekt. Geprägt wurde der Begriff 2010 von Fiona Broome, der erstmals auffiel, dass es tausende Menschen mit dieser falschen Erinnerung gibt. Seitdem häufen sich solche "Vorfälle" des Mandela-Effekts - befeuert natürlich von Internet und Social Media.
 

Kollektive Erinnerungsschwäche oder alternative Realität?

Einige sehen im Mandela-Effekt einen Beweis dafür, das alternative Realitäten existieren. Wie könnte es sonst auch sein, dass sich so viele Menschen lebhaft an etwas erinnern, das angeblich nie passiert ist? Die Theorie: Der Mandela-Effekt - also die fälschliche Erinnerung an etwas - ist ein Überbleibsel einer zwischenzeitlich gelöschten oder abgespaltenen Zeitleiste. Leben wir also in einem Universum, in dem wir nicht geboren sind, sondern in einem Paralleluniversum, dass sich irgendwann von unserer "Realität" abgespalten hat? Andere Theorien erklären den Mandela-Effekt auch über Zeitreisende, die in der Vergangenheit irgendetwas verändert haben, sodass sich unsere Gegenwart zwar geändert hat, aber unsere Erinnerung noch gleich ist. Okay, vielleicht klingt das jetzt noch alles etwas theoretisch und zu abgespaced für dich und du kannst es dir nicht wirklich vorstellen...

Deswegen hier mal ein kleiner Selbsttest...

Berühmte Mandela-Effekte

Räuber-Emoji

Nur mal aus Spaß, öffne den Messenger deiner Wahl und such bei den Emojis den Räuber heraus. Du weißt schon, diese rennende, gelbe Person im schwarz-weiß gestreiften Shirt... Nichts gefunden? Tja, dieses Emoji hat es auch nie gegeben. Trotzdem hattest du es beim Lesen des ersten Satzes bildlich vor dir, oder?

Der Monopoly-Mann

Erinnerst du dich noch an Brettspielabende und die letzte Runde Monopoly? Wie sieht denn das Logo des Spiels aus? Genau, ein alter, rennender Mann mit einem Geldsack in der Hand, einem Hut auf dem Kopf und natürlich dem Monokel. Müssen wir dich leider enttäuschen:


Pikachus Schwanz

Blitzförmig gelb und schwarz oben an der Spitze - so hast du ihn doch auch in Erinnerung, oder? Tja, weit gefehlt:

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Der Denker

Es gibt eine Menge Leute, die schwören, dass die viel kopierte Pose der berühmten Skulptur des Bildhauers Auguste Rodin in etwas so aussieht:

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Falls du dazu gehörst, müssen wir diese Bubble kurz platzen lassen: Bei "Der Denker" hat die Figur ihren Kopf zwar auf der Hand gestützt - allerdings liegt die Hand nicht wie bei diesem Foto auf der Stirn, sondern eigentlich auf dem Kinn beziehungsweise Mund.

C-3PO

C-3PO hatte zwar über die Jahre hinweg immer wieder verschiedene Ersatzteile, aber wahrscheinlich wirst du dich auch so erinnern - der Droide war von Kopf bis Fuß gold. Mhmm, nicht ganz. In den drei ursprünglichen Star Wars Filmen - also Episode IV bis VI - hatte er schon ein ziemlich auffälliges silbernes Bein. Aber die meisten Menschen können sich daran null erinnern...

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Fruit Of The Loom

In den 90ern hattest du wahrscheinlich auch irgendwann mal ein Fruit Of The Loom-Sweatshirt oder kanntest irgendjemanden, der ein Shirt von dieser Marke hatte. Kannst du dich noch an das Logo erinnern? Das sah so aus:


Jetzt zum Mandela-Effekt: Das Logo hatte nie einen Korb! Im Original waren nur die Früchte und das Grünzeug zu sehen. Trotzdem erinnern sich viele Menschen an dieses Körbchen.

Und weil's so schön ist - hier noch ein paar Beispiele:

  • Mutter Theresa wurde nicht nach ihrem Tod heilig gesprochen, sondern noch zu Lebzeiten in den 90ern
  • Queens "We Are The Champions" endet nicht mit "...of the world" sondern mit "...we are the champions"
  • Die USA haben nicht 52 Staaten, sondern 50 (bevor Hawaii und Alaska dazu kamen, waren es 48)
  • Darth Vader sagt nicht "Luke, ich bin dein Vater", sondern "Nein, ich bin dein Vater"



Schlechtes Gedächtnis, kreatives Gehirn

Obwohl wir uns viel auf unsere Erinnerungen verlassen (beispielsweise bei Augenzeugenberichten bei der Aufklärung eines Verbrechens) und meist glauben, dass das menschlichen Gedächtnis doch sehr akkurat ist, ist es das meistens eben nicht. Tatsächlich sind menschliche Erinnerungen ziemlich unzuverlässig. Unsere Erinnerungen sind oft so klar und deutlich, dass sie sich wie eine Art Festplatte in unserem Gehirn anfühlen, auf die wir jederzeit zugreifen und uns Momente noch einmal "ansehen" können.

Allerdings sollte man Erinnerungen eher mit einem Puzzle vergleichen.
Jedes Mal, wenn du eine Erinnerung "abrufst", stellst du sie aus kleinen Informationen wie ein Puzzle wieder neu zusammen - und es kann passieren, dass du deine Erinnerung mal etwas anders zusammenpuzzelst. Stell dir beispielsweise dein altes Kinderzimmer vor - wahrscheinlich kannst du dich nicht an alle Details erinnern. Trotzdem wird dein Gehirn diese Details (auch aus anderen Zusammenhängen) ergänzen, denn unser Hirn mag halt keine Lücken. Statt deiner Kinderzimmerlampe, an die du dich nicht mehr erinnern kannst, puzzelt dein Gehirn also vielleicht eine Lampe in die Erinnerung, die du mal im Fernsehen oder in einem anderen Raum in deinem Zuhause gesehen hast. Ähnlich ist es auch beim Mandela-Effekt. Um beim prominentesten Beispiel zu bleiben: Vielleicht gab es damals ein Gerücht, dass Nelson Mandela gestorben war? Oder eine Klatschzeitung hatte eine irreführende Überschrift, die du kurz gesehen hast und dein Gehirn hat dann einfach die Lücken aufgefüllt? 

Kurz gesagt - unser Erinnerungsvermögen ist ziemlich schlecht - dafür sind unsere Gehirne ziemlich gut darin, Dinge zu erfinden.



Lust auf noch mehr Mandela-Effekte?

Dann bitte hier entlang - wir stellen weitere sieben Mandela-Effekte vor, die du vielleicht noch nicht kanntest.

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